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Newsletter Bau- und Vergaberecht 39/2022

14.11.2022 | Bau- und Vergaberecht

39-2022

Kein Wegfall der Geschäftsgrundlage wegen steigender Mangelbeseitigungskosten:

Auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens mit ermittelten Mängelbeseitigungskosten schließen die Parteien einen Vergleich über die Durchführung der Mangelbeseitigung. Im Zuge der Mangelbeseitigung kommt es zu erheblichen Kostensteigerungen. Dies führt nicht zu einer Störung der Geschäftsgrundlage des Vergleichs, wenn die Kosten nicht Grundlage des Vergleichs geworden sind. Die einseitige Erwartung des zur Mangelbeseitigung verpflichteten Unternehmers genügt nicht (OLG München, Beschluss vom 13.12.2021 – 28 U 1128/21 Bau – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen BGH, Beschluss vom 18.05.2022 – VII ZR 18/22).

Konkludenter Verjährungsverzicht bedarf besonderer Anhaltspunkte:

Mit einer Verjährungsverzichtserklärung gibt der Erklärende eine ihm günstige Rechtsposition endgültig auf. Es handelt sich um eine rechtsgestaltende Erklärung mit einem entsprechenden Verzichtswillen, der in der Erklärung zum Ausdruck kommen muss. Ist bereits Verjährung eingetreten, hat der Erklärende einen für ihn günstige Rechtsposition erlangt, so dass davon ausgegangen werden kann, dass er diese nicht wieder einfach aufgeben will. Die Annahme eines konkludenten oder stillschweigenden Verjährungsverzichts erfordert daher ein Verhalten, aus dem nach Bewertung aller Fallumstände unzweideutig der Wille entnommen werden kann, diese günstige Rechtsposition aufzugeben. Ohne ein besonderes Motiv scheidet die Annahme eines stillschweigenden Verzichts aus (OLG Bamberg, Beschluss vom 11.01.2021 – 3 U 253/20).

Keine Bauhandwerkersicherheit ohne prüfbare Schlussrechnung:

Eine Rechnung, die nicht den vertraglichen Vereinbarungen entspricht, ist nicht geeignet, Vergütungsansprüche schlüssig darzulegen. Will ein Bauunternehmen nach vorzeitiger Beendigung des Bauvertrages eine Bauhandwerkersicherheit für die ihm zustehende Vergütung, muss diese schlüssig dargelegt werden. Ansonsten besteht der Anspruch nicht (OLG München, Beschluss vom 26.04.2022 – 28 U 3880/21 Bau – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen BGH, Beschluss vom 21.09.2022 – VII ZR 99/22).

Prüfbare Honorarschlussrechnung auch ohne Kostenermittlung nach DIN 276:

Eine Honorarschlussrechnung ist prüfbar, wenn die Angaben zu den einzelnen Kostengruppen nachvollziehbar sind. Eine Kostenberechnung nach DIN 276 ist nicht zwingend erforderlich (OLG München, Beschluss vom 22.05.2017 – 27 U 3936/16 Bau – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 05.10.2022 VII ZR 140/17).

Keine Irreführung durch missverständliche Angaben:

Die Information eines Bieters ist irreführend, wenn sie bei objektiver Betrachtung geeignet ist, bei der Vergabestelle einen Irrtum über deren Inhalt hervorzurufen. In diesem Fall kann die Vergabestelle den Bieter zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens ausschließen, wenn der Bieter fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat. Irreführend sind solche Angaben, die für sich genommen nicht der Wahrheit entsprechen. Außerdem Angaben, die aufgrund der Umstände falsch zu verstehen sind. Alleine Widersprüchlichkeiten oder Unklarheiten, die einer Aufklärung zugänglich sind, sind noch nicht als Irreführung des Bieters gegenüber dem Auftraggeber aufzufassen (Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 29.07.2022 – Verg 16/21).

Kosten der Zuziehung eines Rechtsanwalts im Vergabeverfahren:

Immer wieder ist die Erstattungsfähigkeit von Rechtsanwaltskosten in Vergabeverfahren im Streit. Voraussetzung ist die Hinzuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung. Es kommt auf die Umstände des Einzelfalls an. Dabei sind die objektiv anzuerkennenden Erfordernisse der Beauftragung maßgeblich, wobei auch der Gesichtspunkt der prozessualen Waffengleichheit zu berücksichtigen ist. Durch die Vergabestelle ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts regelmäßig dann nicht notwendig, wenn in einer vergaberechtlichen Angelegenheit lediglich einfach gelagerte und auftragsbezogene Sach– und Rechtsfragen auf der Grundlage bereits geklärter Rechtsgrundsätze in Rede stehen, deren Darlegung und Vertretung im Nachprüfungsverfahren von der Vergabestelle erbracht werden kann. Nicht einfache und insbesondere auch rechtliche noch ungeklärte und nicht dem klassischen Vergaberecht zuzurechnenden Rechtsfragen führen dem gegenüber wiederum dazu, dass die Notwendigkeit einer anwaltlichen Vertretung anzuerkennen ist (Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 20.10.2022 – Verg 1/22).

 

 

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