Newsletter Bau- und Vergaberecht 47/2022
04.01.2023 | Bau- und Vergaberecht
Prüfbare Abrechnung des Wertersatzes nach Widerruf:
Ein Verbraucherbauvertrag wurde nicht notariell beurkundet. Der Unternehmer hätte die Bauherren in Textform über das Widerrufsrecht belehren müssen. Ein Widerruf führt dazu, dass die Parteien an den Vertrag nicht mehr gebunden sind und die empfangenen Leistungen zurückzugewähren sind. Ist dies nicht möglich, schulden die Bauherren als Verbraucher Wertersatz. Für den Wertersatz ist die vereinbarte Vergütung zugrunde zu legen. Voraussetzung für die Fälligkeit des Wertersatzanspruchs ist eine entsprechende Abrechnung des Unternehmers. Teilleistungen aus einem Pauschalpreisvertrag müssen prüfbar abgerechnet werden. (OLG Rostock, Beschluss vom 23.11.2022 – 4 U 14/22).
Alte Beschlüsse bleiben trotz Entfall der Beschlusskompetenz wirksam:
Am 01.12.2020 ist das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz in Kraft getreten. Für § 9a Abs. 2 WEG gibt es keine Übergangsvorschrift. Dies führt nicht zu einer Nichtigkeit von vormals auf der Grundlage von § 10 Abs. 6 S. 3 Alternative 2 WEG a. F. wirksam zustande gekommenen Beschlüssen. Für die Wirksamkeit kommt es auf die bestehende Rechtslage an. Waren die Beschlüsse rechtswirksam, bleiben sie dies auch (OLG Nürnberg, Urteil vom 30.03.2022 – 2 U 2777/21).
5-jährige Gewährleistung bei Bauüberwachungsfehler:
Die Ansprüche des Bauherrn gegen den Bauüberwacher wegen Bauüberwachungsfehlern verjähren innerhalb von 5 Jahren. Der Beginn der Verjährung richtet sich nach der Abnahme. Einer Teilabnahme nach Leistungsphase 8 steht nicht entgegen, dass auch die Leistungsphase 9 beauftragt worden ist. Leitet der Bauüberwacher ein Selbständiges Beweisverfahren ein, um die Frage nach seiner Haftung klären zu lassen, hemmt dies die Verjährung der Ansprüche des Bauherrn nicht (OLG Braunschweig, Beschluss vom 01.04.2022 – 8 U 96/20).
Entstellung von Baukunst durch Vordach:
Durch die Anbringung eines Vordachs kann ein Bauwerk entstellt werden, wenn der Architekt dies nicht genehmigt hat (Landgericht Köln, Urteil vom 20.10.2022 – 14 U 12/22).
Vergabe eines dringlichen Interimsauftrags nicht mit Bieterwettbewerbe und zeitlicher Beschränkung:
Wegen der Dringlichkeit wird ein Interimsauftrag ausgeschrieben. Dies erfolgt ohne Teilnahmewettbewerb. In einem solchen Fall muss für einen angemessenen Bieterwettbewerbe gesorgt werden. Dabei kann die Begrenzung der Teilnehmer auf 3 Bieter ordnungsgemäß sein. Die Auswahl muss nachvollziehbar sein. Die Laufzeit ist möglichst zu beschränken, bis die Hauptleistung ordnungsgemäß vergeben werden kann (Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 31.10.2022 – Verg 13/22).
Kein Baustopp bei Ausschluss des Bieters:
Vorläufige Maßnahmen können durch die Vergabekammer auf besonderen Antrag hin angeordnet werden. Wenn Rechte des Bieters durch einen drohenden Zuschlag gefährdet sind, kann die Vergabekammer in das Vergabeverfahren eingreifen. Das Rechtsschutzinteresse des Bieters und das Interesse des öffentlichen Auftraggebers an der Zuschlagserteilung sind dabei zu berücksichtigen. Ein erhebliches Interesse des Bieters ist anzunehmen, wenn die Leistungen bereits in einem erheblichen Umfang erbracht worden sind und eine Rückabwicklung nicht mehr möglich ist. Die Interessen des öffentlichen Auftraggebers und des zu beauftragenden Bieters überwiegen, wenn der Nachprüfungsantrag bei der im Eilverfahren nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Antrag kaum Aussicht auf Erfolg hat (VK Berlin, Beschluss vom 17.08.2022 – VKB2 – 22/22).