Newsletter Bau- und Vergaberecht 9/2023
15.03.2023 | Bau- und Vergaberecht
Voraussetzungen für die Abrechnung von Stundenlohnarbeiten: Die Parteien haben eine Stundenlohnabrede getroffen. Der nach Zeit zu bemessende Vergütungsanspruch ist von dem Unternehmer im Ausgangspunkt nur dahingehend zu begründen, wie viele Stunden für die Erbringung der Vertragsleistungen mit welchem Stundensatz angefallen sind. Es geht um die schlüssige Abrechnung der Vertragsleistungen und den damit verbundenen Zeitaufwand und mithin eine Darlegung, welche Stundensätze angefallen sind. Es ist keine Differenzierung erforderlich, wonach die Arbeitsstunden einzelnen Tätigkeiten zugeordnet werden oder nach zeitlichen Abschnitten aufzuschlüsseln sind. Dies gilt nur dann, wenn eine detaillierte Abrechnung vereinbart worden ist. Der Besteller kann allerdings darlegen, dass die Stundenlohnvergütung zu begrenzen ist, wenn sich dies aus einer vorzutragenden Unwirtschaftlichkeit der Betriebsführung des Auftragnehmers ergibt. Dies gilt auch für die Behauptung, dass abgerechnete Stunden Nachbesserungsarbeiten beinhalten (BGH, Beschluss vom 01.02.2023 – VII ZR 882/21).
Isolierte Klage aus Nachtrag: Grundsätzlich sind Positionen der Schlussrechnung nicht isoliert einzuklagen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Parteien sich darauf verständigt haben (OLG Köln, Urteil vom 13.10.2022 – 7 U 47/20).
Nachtragsforderungen zur Bauhandwerkersicherung: Die Bauhandwerkersicherheit soll die Vergütungsansprüche des Bauunternehmers besichern. Der Anspruch umfasst auch streitige Zusatzaufträge/Nachträge, wenn die Auftragserteilung und die Höhe des Vergütungsanspruchs von dem Bauunternehmer schlüssig dargelegt wird. Die Gestellung einer Bauhandwerkersicherheit kann auch dann verlangt werden, wenn zugleich Werklohn klageweise geltend gemacht wird. Denn es steht dem Auftragnehmer frei, den Werklohn gleichzeitig mit der Sicherheit oder gesondert oder überhaupt nicht einzuklagen (OLG München, Beschluss vom 04.02.2022 – 9 U 5469/21 Bau – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 05.10.2022 – VII ZR 51/22).
Keine Wertsteigerung für Sicherungshypothek des Planers erforderlich: Der Planer kann die Einräumung einer Sicherungshypothek für Honoraransprüche verlangen. Dazu ist es nicht erforderlich, dass auf dem Baugrundstück bereits Bauarbeiten durchgeführt worden sind oder die Umsetzung der Planung zu einer Wertsteigerung geführt hat. Bei mangelhaften Planungsleistungen reduziert sich die Sicherungshypothek um den Vergütungsanteil für die mangelhafte Planung, nicht um die Kosten der Mangelbeseitigung, (Kammergericht, Urteil vom 14.02.2023 – 21 W 28/22).
Unterschreitung der Mindestsätze nur im Ausnahmefall: Zwischen Privaten sind die Mindestsätze der HOAI 2009 verbindlich. Die Mindestsätze können nur in Ausnahmefällen durch schriftliche Vereinbarung unterschritten werden. Ein solcher Ausnahmefall wird nicht durch die gemeinsame Realisierung mehrerer großer Bauvorhaben begründet, wenn der Bauherr in den Projekten nicht selbst, sondern in unterschiedlichen Konstellationen beteiligt ist (OLG Düsseldorf, Urteil vom 31.01.2023 – 23 U 24/20).
Nachprüfungsantrag bei Chancenlosigkeit unzulässig: Ein Bieter will einen Vergabeverstoß geltend machen. Das Angebot liegt auf einem hinteren Platz. Um eine Antragsbefugnis schlüssig zu behaupten, muss der Bieter darlegen, dass sich der Vergabeverstoß auf die Rangfolge der Angebote in der Weise auswirken kann, dass das Angebot auf eine aussichtsreiche Stelle vorrückt oder die es gebietet, das Vergabeverfahren zurückzuversetzen. Der Vortrag muss sich auf Anknüpfungstatsachen und Indizien beziehen, die einen hinreichenden Verdacht auf einen dahingehenden Vergabeverstoß begründen. Daran fehlt es, wenn die Argumentation des Antragstellers nicht plausibel ist (Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 20.01.2023 – Verg 14/22).
Keine Rüge bei Verstoß im Nachprüfungsverfahren erforderlich: Erst während des Nachprüfungsverfahrens werden dem Antragsteller weitere Vergabeverstöße bekannt. In diesem Falle kann er diese unmittelbar zum Gegenstand des Verfahrens machen, ohne vorher rügen zu müssen (VK Rheinland, Beschluss vom 17.02.2022 – VK 40/21).