Newsletter Bau- und Vergaberecht 11/2023
29.03.2023 | Bau- und Vergaberecht
Beweislast für höhere Vergütung beim Auftragnehmer:
Wenn die Parteien keine Vereinbarung zur Vergütung getroffen haben, besteht ein Anspruch auf ortsüblichen und angemessenen Werklohn. Ist der Auftraggeber der Auffassung, dass es eine Vereinbarung zur Höhe des Werklohns gibt, muss der Auftraggeber nachvollziehbar und widerspruchsfrei darlegen, mit welchem genauen Inhalt, wann, wo, mit wem und unter welchen Umständen die Preisvereinbarung getroffen worden ist. Wenn der Unternehmer demgegenüber die Vereinbarung einer Vergütung behauptet und der Besteller meint, es sei ein niedrigerer Werklohn vereinbart worden, muss der Unternehmer in gleicher Weise den Beweis erbringen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.11.2022 – 22 U 118/22).
Entfall der Vertragsstrafe bei Ablaufänderung:
Eine Vertragsstrafenvereinbarung kann dann hinfällig sein, wenn der Terminplan erheblich geändert wird. Dazu genügt es, dass es zu beiderseits selbstständig verursachten Verzögerungen gekommen ist und dass alleine die vom Auftraggeber zu vertretende Bauablaufstörung eine wesentliche Überschreitung des Fertigstellungstermins zur Folge hat (OLG Frankfurt, Urteil vom 03.02.2023 – 21 U 47/20).
Mindestvorgaben in DIN-Normen keine anerkannte Regel der Technik:
Wenn die Parteien nichts Abweichendes vereinbart haben, gelten die allgemein anerkannten Regeln der Technik als vereinbart. Anerkannte Regeln der Technik sind in DIN-Normen niedergelegt, die zwar keine Rechtsnormen darstellen, aber als private technische Regelungen Empfehlungscharakter haben. In der DIN 18015-2 ist der Art und der Umfang der Mindestausstattung elektrischer Anlagen in Wohngebäuden geregelt. Diese Regelung hat nicht die Vermutungswirkung, allgemein anerkannte Regeln der Technik zu sein (OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.02.2023 – 5 U 227/21).
Überwachung handwerklicher Selbstverständlichkeiten:
Einen bauüberwachenden Architekten trifft auch die Verpflichtung, handwerkliche Selbstverständlichkeiten zu überprüfen. Nur die Kontrolldichte ist herabgesetzt und erfordert stichprobenartige Kontrollen. Entstehen Mängel, die im Rahmen einer ordnungsgemäßen Bauüberwachung hätten entdeckt werden müssen, spricht dies für eine Bauaufsichtsverletzung des Architekten (OLG Jena, Urteil vom 17.02.2022 – 8 U 1133/20).
Kein Zwang zur Auftragsbekanntmachung:
Ein Bieter kann nicht verlangen, dass die Vergabestelle dazu gezwungen wird, einen Auftrag zu erteilen. Die Vergabekammer kann zur Beseitigung einer Rechtsverletzung keine Maßnahme treffen, die einem Kontrahierungszwang gleichkommt (Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 14.03.2023 – Verg 1/23).
Mitteilung der Grundlage der Angebotswertung:
Die Vergabestelle hat bei der Wertung der Angebote einen Beurteilungsspielraum. Dieser kann nur eingeschränkt überprüft werden. Die Vergabestelle muss die Bieter nicht im Einzelnen darüber informieren, welche Aspekte oder welcher Umstand mit wie vielen Wertungspunkten gewertet wurden. Teilte allerdings die Vergabestelle den Bietern nicht hinreichend eindeutig mit, auf was sich die Wertungsentscheidungen stützen wird, wie Präsentation, Konzept, schriftliche Darlegung etc., verletzt die Vergabestelle die Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung. Einen solchen Vergaberechtsverstoß darf die Vergabekammer von Amts wegen aufgreifen (VK Bund, Beschluss vom 16.12.2022 – VK 1-09/22).