Gleich. Gelesen.

Newsletter Bau- und Vergaberecht 30/2024

26.08.2024 | Bau- und Vergaberecht

Keine Mengenminderung bei Ausführungsverzicht:

Die Parteien haben einen Einheitspreisvertrag mit einem Leistungsverzeichnis und verschiedenen Leistungspositionen geschlossen. Der Bauherr ordnet nachträglich an, dass einzelne Leistungen nicht auszuführen sind. Diese Leistungen kommen dann auch tatsächlich nicht zur Ausführung. In diesem Fall liegt kein der Äquivalenzstörung nach § 2 VOB/B entsprechender Sachverhalt vor. Für die weggefallenen Positionen kommt keine Berechnung nach § 2 VOB/B in Betracht, sondern eine Abrechnung nach § 8 VOB/B (Teilkündigung) (OLG Hamm, Urteil vom 05.07.2024 – 12 U 95/22).

 Verbraucherwiderruf trotz Anerkenntnis:

Der Bauherr hat eine Honorarforderung des Architekten anerkannt. Unzureichend belehrt macht der Bauherr von seinem Widerrufsrecht als Verbraucher Gebrauch. Die Ausübung dieses Rechts ist nicht rechtsmissbräuchlich. Damit entfällt die Pflicht zur Zahlung des vereinbarten und anerkannten Architektenhonorars ersatzlos (OLG Karlsruhe, Urteil vom 12.05.2023 – 4 U 336/21 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 17.01.2024 – VII ZR 100/23).

Beauftragung mit der Baugenehmigung – Kein Auftrag für Leistungsphase 1-3:

Der Bauherr hat den Architekten damit beauftragt, eine Baugenehmigung einzuholen. In diesem Fall soll nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass damit auch die übrigen Leistungen der Leistungsphase 1-4 erbracht werden sollen, da es entscheidend auf die tatsächliche Vereinbarung der Parteien ankommt (OLG Karlsruhe, Urteil vom 28.10.2022 – 4 U 142/20 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 14.02.2024 – VII ZR 221/22).

Bekanntmachung von Unterkriterien und deren Gewichtung:

Es genügt nicht, wenn die Vergabestelle nur die Zuschlagskriterien und ihre Gewichtung in der Ausschreibung bekannt gibt. Auch aufgestellte Unterkriterien und deren konkretere Gewichtung müssen bekannt gemacht werden. Auch für den Fall, dass die Unterkriterien erst im Nachhinein aufgestellt werden, ist dies erforderlich, da sonst nicht auszuschließen ist, dass sie die Vergabe hätten beeinflussen können. Wie die Bewertung organisiert und strukturiert wird, unterliegt dem Beurteilungsspielraum der Vergabestelle. Allerdings ist das Transparenzgebot und die Wettbewerbsgrundsätze zu beachten. Daher darf es nicht zu einer Abweichung von den zuvor festgelegten Zuschlagskriterien und deren Gewichtung führen, wenn Unterkriterien eingeführt werden. Die Vergabestelle darf auch keine untaugliche Methode anwenden und ihre Bewertungsmethode nicht auf sachwidrige Erwägungen stützen und unzulässige Kriterien verwenden (VK Niedersachsen, Beschluss vom 13.03.2024 – VgK – 2/2024).

Kein Zugangsbeweis durch Ok-Vermerk bei Rügen:

Die Vergabekammern müssen von Amts wegen als Sachentscheidungsvoraussetzung eine Rüge beachten, sodass ein Nachprüfungsantrag ohne vorherige Rüge unzulässig ist. Aus der Rüge muss unmissverständlich hervorgehen, welches Verhalten als Vergabeverstoß angesehen wird und in welcher Weise der Bieter von der Vergabestelle Abhilfe verlangt. Die Anforderungen ergeben sich aus § 160 GwB. Die Rüge muss bei der Vergabestelle fristgerecht eingegangen sein. Die Absendung genügt nicht. Der Sendebericht mit einem Ok-Vermerk auf dem Sendebericht ist irrelevant, wenn die Vergabestelle den Zugang substantiiert bestreitet. Für den Umstand, dass die Rüge nicht vollständig zugeht, trägt der Bieter das Risiko und er ist darlegungs- und beweispflichtig (VK Rheinland, Beschluss vom 23.07.2024 – V-Card 28/24).

Kein Rücktritt bei (konkludenter) Risikoübernahme:

Wenn die Auslegung des Vertrags Leistungshindernisse ausdrücklich oder konkludent übernommen wird und sich dieses Leistungshindernisse verwirklichen, kann einer Verantwortlichkeit des Bauherrn im Sinne des §§ 323 Abs. 6 Fall 1 BGB und § 326 Abs. 2 S. 1Fall 1 BGB ergeben. Wenn das Risiko schon bei Vertragsschluss bestanden hat und nur einer Vertragspartei in der Lage war es abzuschätzen und/oder wenn seine Verwirklichung von persönlichen Verhältnissen eines Vertragspartners abhängt, die der andere Teil nicht beeinflussen kann, kommt die stillschweigende Übernahme des Risikos insbesondere in Betracht (BGH, Urteil vom 25.06.2024 – X ZR 97/23).

Ansprechpartner