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Newsletter Bau- und Vergaberecht 33/2024

23.09.2024 | Bau- und Vergaberecht

Auftragnehmer muss Überzahlung bei gekündigtem Pauschalpreisvertrag widerlegen:

Der Besteller muss schlüssig die Voraussetzungen einer Überzahlung aus einer Schlussabrechnung vortragen. Dazu genügt die Vorlage einer Abrechnung, aus der sich ergibt, in welcher Höhe der Besteller Zahlungen geleistet hatte und dass diesen ein entsprechender Vergütungsanspruch des Auftragnehmers nicht gegenübersteht. Dabei genügt der Kenntnisstand des Bestellers. Der Unternehmer muss darlegen und beweisen, dass er berechtigt ist, die geleisteten Zahlungen endgültig zu behalten, wenn der Besteller einen zureichenden Vortrag hält. Der Umfang des Vortrages bei einem gekündigten Pauschalpreisvertrag ohne Detaillierung hängt von den Gesamtumständen ab, insbesondere von den vertraglichen Vereinbarungen und den außervertraglichen Absprachen. Wenn der Besteller die Kalkulation des Auftragnehmers nicht kennt und wenn er aufgrund anderer Umstände das vertragliche Preisniveau nicht darstellen kann, obliegt dem Unternehmer insoweit die Darlegungslast (BGH, Urteil vom 11.07.2024 – VII ZR 127/23).

Andere Anordnung durch Bauzeitverschiebung wegen Annahmeverzug:

Eine andere Anordnung i.S.v. § 2 Abs. 5 VOB/B ist anzunehmen, wenn der Bauherr gegenüber dem Auftragnehmer anordnet, dass dieser seine Leistungen nicht zur vertraglich vorgesehenen Zeit, sondern später erbringen soll und dem Bauherrn bewusst ist, dass dieses bei dem Auftragnehmer zu Mehrkosten führen kann. Der Vergütungsanspruch kann auch dann entstehen, wenn sich die Anordnung nicht auf die Leistung, sondern auf Vorbereitungshandlungen bezieht (Kammergericht, Urteil vom 27.08.2024 – 21 U 128/23).

Fehlende Funktionalität ist kein Mangel bei entsprechender Vereinbarung:

Der Bauherr hat die Funktionseinschränkung der vereinbarten Ausführung der Bauleistung gekannt und hat sich in Kenntnis der Funktionseinschränkung für die konkrete Ausführung entschieden. Der Unternehmer hat den Bauherrn über das bestehende Risiko aufgeklärt und der Bauherr hat sich mit der Risikoübernahme einverstanden erklärt. In diesem Falle liegt trotz fehlender Funktionalität kein Mangel des Werks vor (OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.07.2021 – 23 U 108/20 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 24.04.2024 – VII ZR 747/21).

Architekt muss Vertragspartner kennen:

Es ist kein schriftlicher Vertrag zustande gekommen und es wird auch kein mündlicher Vertragsschluss behauptet. In diesem Falle bedarf es einer Auslegung aller Umstände des Einzelfalls um festzustellen, wer Auftraggeber und Vertragspartner eines Architekten geworden ist. Dabei ist der Auftraggeber verpflichtet, Unklarheiten in Bezug auf die Person des Auftraggebers, die aus seiner Sphäre stammen, eindeutig zu klären (OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.12.2021 – 23 U 81/21 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 24.04.2024 – VII ZR 886/21).

Kostenberechnung bleibt auch bei Verteuerung verbindlich:

Es kommt zu Baupreissteigerungen und schlechten Ausschreibungsergebnissen. In diesem Falle kommt eine Fortschreibung der anrechenbaren Kosten nicht in Betracht. Die Kostenberechnung ist statisch und es ist auf den Planungsstand zum Zeitpunkt der Ermittlung der Kostenberechnung abzustellen (OLG Schleswig, Urteil vom 17.07.2024 – 12 U 149/20).

Bieterfragen sind zutreffend zu beantworten, wenn sie rechtzeitig gestellt werden:

Im Vergabeverfahren sind rechtzeitig gestellte und auftragsbezogene Fragen der Bieter zutreffend und unter Beachtung des Geheimnisschutzes erschöpfend zu beantworten. Im entschiedenen Fall ging es um den Umstand, dass die Abstimmungsvereinbarung zwischen dem Entsorgungsträger und den Betreibern dualer Systeme im Ausschreibungszeitpunkt bereits ausgelaufen und eine neue Vereinbarung noch nicht abgeschlossen war (Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 01.08.2024 – Verg 19/23).

Schlechtleistung von Vergabestelle zu beweisen:

Nach § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB muss die Vergabestelle im Streitfall den Nachweis für das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des Ausschlussgrundes führen, wonach eine erhebliche und fortdauernde Schlechtleistung zur Kündigung oder einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt hatte. Der Umstand, dass der Auftraggeber gekündigt hat genügt nicht. Es muss feststehen, dass die Kündigung auch zu Recht erfolgt ist (VK Südbayern, Beschluss vom 04.04.2024 – 3194.Z3 – 3 Abstand 01 – 23 – 68).

 

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