Newsletter Bau- und Vergaberecht 8/2025

13.03.2025 | Bau- und Vergaberecht

Baugrundrisiko bestimmt sich nach Vertragsvereinbarung:

Die vertraglichen Vereinbarungen sind entscheidend für die Zuordnung des Baugrundrisikos. Diese sind auszulegen. Bei öffentlichen Auftraggebern verhält es sich so, dass sie sich an die Ausschreibungsregelungen der VOB/A halten müssen. Die Ausschreibung muss möglichst klar und eindeutig sein und darf dem Auftragnehmer keine ungewöhnlichen Risiken auferlegen. Insofern handelt es sich um die vergaberechtskonforme Auslegung. Wenn der Bauherr die Bodenverhältnisse sachgerecht untersuchen und lässt und nach dem Gutachten Unsicherheitsfaktoren bleiben, können Eventualpositionen zulässig sein, die das Bodenrisiko betreffen (OLG Hamburg, Urteil vom 06.11.2024 – 4 U 89/21).

Eingriff in die VOB/B bei Schriftformerfordernis für Nachträge:

In einem Vertrag nach VOB/B ist geregelt, dass zusätzliche Aufträge und Nachträge zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedürfen. Damit weicht die Regelung von der VOB/B ab. Dies wiederum führt dazu, dass die VOB/B nicht als Ganzes vereinbart ist, weil es eine inhaltliche Abweichung gab. Dies ist unabhängig von der Frage, welches Gewicht der Eingriff hat. Nach der kundenfeindlichsten Auslegung ist die inhaltliche Abweichung zu ermitteln (OLG Nürnberg, Beschluss vom 14.01.2025 – 2 B 2077/24 Bau).

Haftung des Architekten für unterdimensionierte Entwässerung:

Der Architekt schuldet ein funktionierendes Gesamtgebäude, wenn er mit der Planung eines Anbaus beauftragt ist, der nicht als eigenständiges Gebäude konzipiert ist, sondern wenn dieses mit dem Bestand zusammengeführt werden soll. Dazu gehört auch ein hinreichend dimensionierte Entwässerung, auch wenn der Architekt mit der Entwässerungsplanung nicht beauftragt ist (OLG Frankfurt, Urteil vom 01.07.2022 – 21 U 92/19 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 15.05.2024 – VII ZR 152/22).

Zuschlag mit Änderungen – kein Vertrag:

Der Bauherr übermittelt ein Zuschlagsschreiben und fügt diesem eine Rahmenvertragsvereinbarung mit Änderungen als Anlage bei. Die Veränderungen entsprechen nicht dem Entwurf, der vorangegangenen war. Es handelt sich um einen modifizierten Zuschlag. Das Schreiben ist als Ablehnung des Angebots mit einem neuen Angebot zu verstehen. Zudem ist die Erteilung eines modifizierten Zuschlags vergaberechtswidrig, weil Verhandlungen über den Inhalt der abzuschließenden Vereinbarungen nach Vorlage des endgültigen Angebots nicht mehr zulässig sind. Der Vergabeverstoß führt nicht zur Unwirksamkeit des Vertragsschlusses (OLG Naumburg, Beschluss vom 11.10.2024 – 6 Verg 2/24).

Schwerer Vergaberechtsverstoß bei freihändiger Vergabe von Planungsleistungen:

Nach dem Zuwendungsbescheid muss im Rahmen der geförderten Maßnahme eine bestimmte Verdingungsordnung angewendet werden oder bestimmte Vergabebestimmungen. Der geförderte Bauherr muss durch die Vorlage der Vergabedokumentation nachweisen, dass die Zuwendungsvoraussetzungen der Bewilligungsbehörde eingehalten wurden. Wenn der Zuwendungsempfänger eine mit dem Zuwendungsbescheid verbundene Auflage nicht erfüllt hat, kann der Fördermittelgeber den Zuwendungsbescheid (teilweise) widerrufen. Wird trotz des Überschreitens des Schwellenwertes eine EU-weite Ausschreibung nicht vorgenommen, stellt dies einen schweren Vergaberechtsverstoß dar. Auch eine freihändige Vergabe oder eine beschränkte Ausschreibung ohne Vorliegen der dafür notwendigen Voraussetzungen ist ebenfalls ein schwerwiegender Vergaberechtsverstoß (OVG Sachsen, Urteil vom 25.09.2024 – 6 A 118/20).

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