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Die Verbrauchsstiftung und wie man von ihr Gebrauch macht

30.04.2024 | Veröffentlichungen

Eine Verbrauchsstiftung darf im Unterschied zu anderen Stiftungsformen ihr Vermögen für den Stiftungszweck einsetzen und ist damit eine gute Option, wenn der Stifter sein Engagement zeitlich begrenzen möchte. Dabei halten die seit Juli 2023 geltenden gesetzlichen Neuregelungen mehr Gestaltungsoptionen für Stifter bereit. So kann unter bestimmten Voraussetzungen beispielsweise auch eine bereits gegründete Ewigkeits- in eine Verbrauchsstiftung umgewandelt werden.

 

Nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts zum 1. Juli 2023 existiert endlich ein bundeseinheitliches Stiftungszivilrecht. Es sieht eine Reihe von Sonderregelungen für Verbrauchsstiftungen vor, welche auf bestimmte Zeit errichtet werden, innerhalb derer ihr gesamtes Vermögen zur Erfüllung ihres Zwecks zu verbrauchen ist (§ 80 Abs. 1 S. 2 BGB). Die Verbrauchsstiftung besitzt ausnahmsweise eine „Lebensdauer“. Deshalb ist neben den in allen Stiftungssatzungen notwendigen Angaben die Zeit, für welche die Stiftung errichtet wird, zwingend aufzunehmen (§ 81 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Der genaue Zeitraum ist nach wie vor nicht gesetzlich geregelt, allerdings ist die Anerkennung regelmäßig erst ab einer Zeitdauer von zehn Jahren zu erwarten (§ 82 S. 2 BGB). Im Gegensatz zur Ewigkeitsstiftung verfügt die Verbrauchsstiftung über kein grundsätzlich jederzeit zu erhaltendes Grundstockvermögen. Vielmehr besteht das Stiftungsvermögen nur aus sonstigem Vermögen, weshalb auch das gewidmete, also das bei Gründung durch den Stifter zugesagte Vermögen zur Zweckerfüllung zur Verfügung steht. Hiermit einher geht allerdings, dass der erhöhte Sonderausgabenabzug, welcher für Spenden zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke an Ewigkeitsstiftungen gewährt wird, durch den Gesetzgeber für Spenden an Verbrauchsstiftungen explizit versagt ist (§ 10b Abs. 1a S. 2 EStG), ganz gleich ob diese steuerbegünstigte Zwecke verfolgen oder nicht. Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass Stiftungen auf Zeit, die beispielsweise 20 Jahre wirken, währenddessen ihr Vermögen erhalten und anschließend aufgelöst werden sollen, weiterhin nicht anerkennungsfähig sind.

 

Stiftungsaufsicht als Kontrolle

Wie auch die „normale“ Stiftung unterfällt die Verbrauchsstiftung bei ihrer Gründung und für die Dauer ihres Bestands der Kontrolle durch die nach dem Landesrecht zuständige Stiftungsaufsicht. Dabei wird sich für die Anerkennung als Verbrauchsstiftung primär die Frage stellen, ob die in der Satzung festgelegte Dauer im Hinblick auf den Stiftungszweck plausibel erscheint. Unbeschadet der für jede Stiftung bestehenden Auflösungsgründe ist eine Verbrauchsstiftung im Einklang mit der Besonderheit ihrer Gründung auf Zeit jedenfalls mit Ablauf dieser Zeit aufzulösen. Die Auflösung ist durch die jeweilige Stiftungsaufsichtsbehörde zu genehmigen.

 

Vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten

Die rechtlichen Unterschiede zwischen einer Verbrauchsstiftung und einer Ewigkeitsstiftung erfordern scheinbar bereits vor der Errichtung eine eindeutige Entscheidung für eine der beiden Stiftungsformen. Allerdings bietet das reformierte Stiftungszivilrecht auch vielfältige nachträgliche Gestaltungsmöglichkeiten.

 

Gründung einer Hybridstiftung

Falls eine Verbrauchsstiftung den Stiftungszweck nur partiell abzudecken im Stande wäre, besteht bereits vorab die Möglichkeit der Gründung einer Hybridstiftung (Teilverbrauchsstiftung). Diese verknüpft flexibel die Vorteile beider Stiftungsformen. Hierdurch stehen der Stiftung mit Gründung und in den darauffolgenden Jahren ausreichend liquide Mittel zum Aufbau zur Verfügung (insoweit Verbrauchsstiftung), wobei der langfristige, quasi auf die Ewigkeit angelegte Stiftungszweck aus den Erträgen des übrigen Stiftungsvermögens erreicht wird (insoweit „normale“ Stiftung).

 

Optionen zur Umwandlung

Weiterhin ist auch die bei Errichtung getroffene Entscheidung für eine „normale“ Stiftung oder eine Verbrauchsstiftung nicht in Stein gemeißelt. In dieser Hinsicht gilt nunmehr als Grundsatz: Der Stifter hat bei Gründung einer Stiftung alle Fäden in der Hand. Der neu aufgenommene § 85 Abs. 4 BGB stellt die Möglichkeiten und insbesondere Anforderungen an eine nachträgliche Satzungsänderung – worüber auch eine Umwandlung der Stiftung von einer Verbrauchsstiftung in eine „normale“ Stiftung oder umgekehrt möglich ist – nahezu vollumfänglich ins Belieben des Stifters. So kann der Stifter im Stiftungsgeschäft in der Satzung einerseits festlegen, dass Satzungsänderungen vollkommen ausgeschlossen oder nur beschränkt möglich sein sollen, indem er einzelne gesetzlich vorgesehene Änderungstatbestände sperrt oder die Satzungsänderung an strengere als die gesetzlichen Voraussetzungen bindet. Andererseits kann der Stifter auch die nachträgliche Satzungsänderung durch Organe der Stiftung vereinfachen, indem durch diese von den gesetzlich aufgestellten Voraussetzungen abgesehen werden kann. Diese weitreichende Befugnis knüpft allerdings an die Bedingung, dass der Stifter den Inhalt und das Ausmaß der Änderungsermächtigung hinreichend bestimmt festlegt. Dabei gilt: Je bedeutsamer die Änderungen sind, zu denen ermächtigt werden soll, umso höher sind die Anforderungen an die hinreichende Bestimmtheit.

 

Nachträgliche Veränderungen

Aber auch ohne eine solche explizite Regelung durch den Stifter kann eine auf die Ewigkeit angelegte Stiftung nachträglich in eine Verbrauchsstiftung umgewandelt werden. Diese Möglichkeit sieht nunmehr § 85 Abs. 1 S. 5 BGB ausdrücklich vor und bietet damit vor allem notleidenden Stiftungen einen Ausweg. Eine Umwandlung in eine Verbrauchsstiftung ist hiernach möglich, wenn der (ursprüngliche) Stiftungszweck nicht mehr dauerhaft und nachhaltig erfüllt werden kann. Dies ist im Rahmen einer Prognoseentscheidung zu bewerten. Auch wenn es damit keiner endgültigen Unmöglichkeit der Zweckerfüllung bedarf, dürften die Anforderungen eher eng ausgelegt werden. Nach der Umwandlung müssen die Voraussetzungen, welche an eine Verbrauchsstiftung und ihre Anerkennung gestellt werden, erfüllt sein. Gleichsam als ungeschriebene Voraussetzung muss eine solche Umwandlung immer im Einklang mit dem Stifterwillen stehen. Deshalb erscheint es bei Neugründung einer Stiftung immer überlegenswert, bereits im Stiftungsgeschäft etwaige Situationen genau aufzunehmen, in welchen eine Satzungsänderung zur Umwandlung in eine Verbrauchsstiftung gewollt ist. Dies vereinfacht die Prüfung der Vereinbarkeit einer solchen Maßnahme mit dem Stifterwillen, welche andernfalls allein durch Auslegung zu ermitteln ist. Jede Satzungsänderung bedarf sodann der Genehmigung der Stiftungsbehörde.

 

Steuerliche Besonderheiten

Zuletzt lohnt sich vor Umwandlung einer Ewigkeits- in eine Verbrauchsstiftung auch die Rücksprache mit einem Steuerberater oder der zuständigen Steuerbehörde: Durch die Umwandlung fällt der Sonderausgabenabzug nach § 10b Abs. 1a EstG weg. Hierin ließe sich grundsätzlich ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 AO mit dem Risiko erblicken, dass Steuerbescheide, welche den Sonderausgabenabzug für die Vergangenheit berücksichtigen, nachträglich abgeändert würden. Insoweit bleibt abzuwarten, wie die Steuerbehörden und womöglich auch die Finanzgerichtsbarkeit die Thematik einordnen werden

 

Zulegung und Zusammenlegung

Daneben stehen Stiftungen die Möglichkeiten der Zulegung und Zusammenlegung als Ultima Ratio zur Verfügung. Deren Voraussetzungen, Verfahren und Wirkung sind nunmehr abschließend im BGB gere-gelt. Hauptunterscheidungsmerkmal beider Institute ist dabei, dass bei der Zulegung das gesamte Vermögen der übertragenden Stiftung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf eine bereits bestehende Stiftung übergeht. Im Gegensatz hierzu beschreibt die Zusammenlegung die Vermögensübertragung von mindestens zwei Stiftungen auf eine zu diesem Zweck neu zu errichtende Stiftung. Im Ausgang müssen sich für beide Gestaltungsoptionen die Verhältnisse seit der Errichtung der übertragenden Stiftung wesentlich verändert haben und eine Satzungsänderung darf nicht ausreichen, um die übertragende Stiftung an diese Veränderungen anzupassen. Die Institute sind damit auch gegenüber der Umwandlung einer auf Dauer angelegten Stiftung in eine Verbrauchsstiftung subsidiär. Dazu muss in beiden Fällen der Stiftungszweck der übernehmenden Stiftung mit dem der übertragenen Stiftung (nahezu) übereinstimmen. Gemein ist beiden Formen ebenfalls, dass die jeweiligen Voraussetzungen durch Satzung nicht erleichtert werden können, der Wille des Stifters der übertragenden Stiftung zu beachten ist und weder die Zulegung noch die Zusammenlegung gegen dessen Willen erfolgen darf. Andernfalls bleibt lediglich die Auflösung.

 

Fazit

Die im Jahr 2013 gelegten gesetzlichen Grundsteine der Alternative zur Ewigkeitsstiftung haben durch die Neuregelung 2023 mehr Raum für individuelle Lösungen erhalten. Eine erfreuliche Entwicklung, die dem Institut der Stiftung sicher noch mehr Aufmerksamkeit einbringen wird.

 

(Dr. Ilka Heigl und Matthias Heisack im Hauck Aufhäuser Lampe Magazin „Substanz und Werte“ – April 2024)