Newsletter Bau- und Vergaberecht 01/2022
05.01.2022 | Bau- und Vergaberecht
Beim VOB-Bauvertrag bei Übergabe Wartungsvertrag abschließen
Die Verjährungsfrist für Mängel an haustechnischen Anlagen bei einem VOB-Bauvertrag verkürzt sich nach § 13 Abs. 4 Nr. 2 VOB/B auf 2 Jahre, wenn der Auftragnehmer nicht mit der Wartung für die Dauer der Verjährungsfrist beauftragt wird. Unter haustechnischen Anlagen sind auch Heizungsanlagen zu rechnen. Um die nach § 13 Abs. 4 Nr. 1 VOB/B längere 4‑jährige Verjährungsfrist für Mängelansprüche bzw. eine andere vertraglich vereinbarte längere Verjährungsfrist in Gang zu setzen, muss spätestens bei der Übergabe des Objekts der Wartungsvertrag abgeschlossen sein (OLG Celle, Beschluss vom 17.07.2020 – 4 U 22/20 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 10.03.2021 – VII ZR 137/20).
Vergessene Zahlung als Störung der Geschäftsgrundlage
Die Parteien schließen einen Vergleich vor Gericht, um eine Gesamtbereinigung zu erzielen. Berücksichtigen die Parteien bei Abschluss des Vergleiches eine bereits geleistete Zahlung versehentlich nicht, ist die Zahlung Geschäftsgrundlage und kann zurückgefordert werden (OLG Koblenz, Urteil vom 13.10.2020 – 3 U 773/20 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 21.07.2021 – VII ZR 180/20).
Keine Angabe von Kündigungsgründen im Kündigungsschreiben
Ein Fliesenleger hat sich dazu verpflichtet, vor Durchführung der Arbeiten einen Verlegeplan zu erstellen. Dieser ist vor Ausführung der Arbeit dem Bauherren vorzulegen. Kommt der Fliesenleger dem trotz Aufforderung nicht nach, kann der Bauherr den Bauvertrag aus wichtigem Grund kündigen. Die Kündigung muss nicht begründet werden und der Bauherr ist an die Kündigungsgründe nicht gebunden. Allerdings können Kündigungsgründe nicht beliebig nachgeschoben werden. Nachgeschobene Gründe müssen die außerordentliche Kündigung rechtfertigen (OLG München, Urteil vom 19.09.2019 – 28 U 1508/19 Bau – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 15.09.2021 – VII ZR 230/19).
Abrechnung nach Mindestsätzen der HOAI 2009 ohne Honorarvereinbarung
Die Auftragserteilung erfolgt in 2010 mündlich. In diesem Fall gilt § 7 Abs. 5 HOAI 2009, wonach der Mindestsatz als vereinbart gilt, wenn nichts anderes schriftlich vereinbart wurde.
Dem steht das Urteil des EUGH vom 04.07.2019 nicht entgegen, weil das Urteil nur die HOAI 2013 betrifft. Die Abrechnung des Architekten ist nicht treuwidrig, da er sich auf die Geltung der Mindestsätze der HOAI 2009 berufen kann, obwohl mündlich eine andere Honorarabrede getroffen wurde, zumal der Geschäftsführer des Bauherren nur unzureichend deutsch sprach (OLG Hamburg, Urteil vom 27.11.2020 – 8 U 147/19 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 29.09.2021 – VII ZR 327/20).
Werkstatt- und Montageplanung muss der Architekt prüfen
Der Architekt schuldet die Entstehung eines mangelfreien Bauwerks. Dazu ist es erforderlich, die dem Architekten vorgelegten Pläne und sonstige Anordnungen auf ihre Eignung zu überprüfen. Dazu gehört auch die Überprüfung der Werkstatt- und Montageplanung durch den die Ausführungsplanung erbringenden Architekten (OLG Karlsruhe, Urteil vom 22.12.2020 – 8 U 5/19 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 15.09.2021 – VII ZR 107/21).
Preissteigerungen sind in Budgetermittlungen zu berücksichtigen
Die Vergabestelle unterliegt keinem Kontrahierungszwang, wenn die Kosten falsch geschätzt wurden. Kommt es zur Verfahrensaufhebung, macht sich die Vergabestelle ggf. schadensersatzpflichtig, wenn die Ausschreibung sorglos und rücksichtslos erfolgt ist. Vor Ausschreibung muss die Vergabestelle eine vertretbare Kostenschätzung erstellen, die die Voraussetzung für eine rechtmäßige Verfahrensaufhebung ist. Daran fehlt es, wenn die Kostenberechnung nach DIN 276 bekannte Kostensteigerungen nicht berücksichtigt hat (OLG Rostock, Beschluss vom 30.09.2021 – 17 Verg 5/21).
Verhandlungsverfahren bedeutet verhandeln
- 15 Abs. 4 SektVO/§ 17 Abs. 11 VgV regelt, dass die Vergabestelle den Auftrag auf der Grundlage der Erstangebote vergeben kann, wenn sich die Vergabestelle diese Möglichkeit in der Auftragsbekanntmachung vorbehalten hat. Nur dann muss die Vergabestelle nicht in Verhandlungen eintreten. Ansonsten dürfen die Bieter davon ausgehen, dass zumindest eine Verhandlungsrunde durchgeführt wird und die Bieter Gelegenheit zur Abänderung und Verbesserung des Angebots haben (VK Sachsen, Beschluss vom 06.10.2021, 1/SVK/030-21).