Newsletter Bau- und Vergaberecht 03/2022
26.01.2022 | Bau- und Vergaberecht
Die HOAI-Mindestsätze gelten weiter zwischen Privaten
Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass ein nationales Gericht, bei dem ein Rechtsstreit anhängig ist, in dem sich ausschließlich Privatpersonen gegenüberstehen, nicht aufgrund des Unionsrechts verpflichtet ist, eine nationale Regelung unangewendet zu lassen, die gegen Art. 15 Abs. 1, Abs. 2 g und Abs. 3 der Dienstleistungsrichtlinie verstößt, weil dort Mindestsatzhonorare für die Leistungen von Architekten und Ingenieuren festgesetzt sind und mit Unionsrecht unvereinbar ist. Die nationalen Gerichte sind grundsätzlich verpflichtet, wegen des vorrangigen Unionsrechts europarechtswidrige Bestimmungen des nationalen Rechts aus eigener Entscheidungsbefugnis heraus nicht anzuwenden. Dies gilt nicht, wenn die europarechtlichen Vorgaben keine unmittelbare Wirkung haben. Art. 15 Abs. 1 der Dienstleistungsrichtlinie würde dem Kläger das Recht nehmen, ein Honorar in der Höhe einzufordern, die dem in den nationalen Vorschriften vorgesehenen Mindestsatz entspricht. Die Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs schließt aus, dass diese Bestimmung im Rahmen eines solchen Rechtsstreits zwischen Privaten eine derartige Wirkung zuerkannt werden könne.
Die infolgedessen geschädigte Partei könne allerdings Schadensersatz vom Staat begehren (EuGH, Urteil vom 18.01.2022 – Rs. C – 261/20).