Newsletter Bau- und Vergaberecht 09/2022
29.03.2022 | Bau- und Vergaberecht
Technische Notwendigkeit bei Auftrag unter Vorbehalt
Zwischen dem Betreiber des Verteilernetzes für Strom auf Niederspannungsebene und dem Eigentümer eines Grundstücks ist ein Vertrag über die Herstellung eines Netzanschlusses mit einem Kostenzuschuss geschlossen worden. Der Besteller hatte auf dem Vertrag handschriftlich vermerkt: „Unter Vorbehalt/nach Erklärungsbedarf“. Die Erklärung ist dahingehend auszulegen, dass die Mehrkosten unter der aufschiebenden Bedingung stehen, dass die Leistung auch technisch notwendig ist (OLG Naumburg, Urteil vom 17.06.2021 – 2 U 170/20).
Bei einem Nettovertrag ist Umsatzsteuererhöhungsklausel unbeachtlich
Der Bauvertrag beinhaltet die Verpflichtung des Unternehmers zur Errichtung eines Bauvorhabens auf einem verkauften Grundstück. Damit bilden der Erwerb des Grundstücks und die Errichtung des Gebäudes eine Einheit. Ein solches Geschäft unterfällt der Grunderwerbsteuer und ist umsatzsteuerfrei. Damit muss eine nicht anfallende Mehrwertsteuer vom Erwerber nicht bezahlt werden. Ist im Vertrag geregelt, dass im Falle der Erhöhung der gesetzlichen Mehrwertsteuer es auch zu einer Erhöhung der zu zahlenden Raten um die Prozentsätze der Steuererhöhung kommt, ist dies gegenstandslos (OLG Frankfurt, Beschluss vom 16.11.2020 – 13 U 34/19 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen BGH, Beschluss vom 16.12.2020 – VII ZR 288/20).
Funktionstaugliche Planung geschuldet
Der Planer muss seine Planung darauf ausrichten, dass sie dem vertraglich vorausgesetzten Gebrauch entspricht. Die Planung muss dem vertraglichen Soll und den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen und funktionstüchtig sein. Ist vereinbart, dass eine zu errichtende Abwasseranlage korrosionsbeständig sein muss, ist die Planung mangelhaft, wenn dieses Ziel nicht erreicht wird. Ist der Planer der Auffassung, dass die Vorgaben des Bauherrn ungeeignet sind, muss er Bedenken erheben. Des Weiteren musste der Planer auf die vom Bauherren nicht erkannten Risiken hinweisen und darauf, dass diese Vorgaben geeignet sind, die eigenen Leistungen zu gefährden (OLG Brandenburg, Urteil vom 10.02.2022 – 12 U 28/21).
Pflicht zum Absperren und Beschilderung der Straßenbaustelle
Neben der bestehenden Verkehrssicherungspflicht des Trägers der Straßenbaulast muss der eine Baustelle im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs betreibende Bauunternehmer die Baustellen deutlicher kennzeichnen und absichern. Insoweit obliegt auch ihm die Verkehrssicherungspflicht. Der Träger der Straßenbaulast kann seine eigene Verkehrssicherungspflicht auf den Bauunternehmer übertragen. In diesem Fall muss der Träger der Straßenbaulast die Einhaltung der Verkehrssicherungspflicht durch den Dritten überwachen und erforderlichenfalls durchsetzen. Eine vollständige Delegierung der Aufgabe ist nicht möglich. Der Verkehrssicherungspflichtige muss die Verkehrsteilnehmer vor unvermuteten von der Straße ausgehenden oder aus ihrer Beschaffenheit hervorgehenden Gefahren schützen (OLG Brandenburg, Urteil vom 24.02.2022 – 12 U 254/20).
Referenzen müssen aktuell sein
In der Auftragsbekanntmachung sind die Eignungskriterien und die vorzulegenden Nachweise aufzuführen. Die Vergabestelle fordert dabei Referenzen, die nicht älter als 3 Jahre sind und die sich auf eine Leistungserbringung in einem laufenden Krankenhausbetrieb beziehen. Der Bieter legt Referenzen vor, die älter als 3 Jahre sind und die keine Leistungserbringung im laufenden Krankenhausbetrieb beinhalten. In diesem Fall verfügt Bieter über keine die Mindestanforderung erfüllenden Nachweise (VK Westfalen, Beschluss vom 14.07.2021 – VK 2 – 20/21).
Keine Änderung an Vergabeunterlagen bei Preiserläuterungen
Die in einer Ausschreibung enthaltenen Kalkulationsvorlagen schränken die Kalkulationsfreiheit der Bieter ein und bestimmen damit den Preiswettbewerb. Eine solche Ausschreibung liegt in der Bestimmungsfreiheit der Vergabestelle und sie unterlieget dem Gebot der Eindeutigkeit und Bestimmtheit. Eine auf Nachfrage der Vergabestelle vorgenommene Erläuterung der Kalkulation der Einheitspreise ändert am Angebotsinhalt nichts (VK Westfalen, Beschluss vom 09.02.2022 – VK 2 – 59/21)