Newsletter Bau- und Vergaberecht 10/2022
05.04.2022 | Bau- und Vergaberecht
Anwendung des Mietrechts bei Standzeitverlängerung des Gerüsts
Maßgebend für die Vergütung einer Gerüststellung ist die Gebrauchsüberlassung und die Nutzungsmöglichkeit. Der Gerüstbauer schuldet die Vorhaltung so lange wie es für die Bauarbeiten nötig ist. Die verlängerte Standzeit des Gerüstes ist nach Mietrecht zu beurteilen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.01.2022 – 24 U 347/20).
Eingreifen des Bauherrn ist keine Kündigung
Eine Kündigung ist anzunehmen, wenn der Kündigende eindeutig zum Ausdruck bringt, dass er das Vertragsverhältnis mit dem Auftragnehmer beenden will. Zieht der Bauherr die Verantwortung an sich (Kommando übernehmen), ist dies noch nicht als Kündigungserklärung im kaufmännischen Geschäftsverkehr anzusehen (OLG München, Beschluss vom 06.08.2020 – 3 U 964/20 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 04.08.2021 – VII ZR 143/20).
Haftung des Architekten bei Baukostenüberschreitung
Wenn ein Architekt die Kostenermittlung mangelhaft ausgeführt hat und der ihm zuzubilligende Toleranzrahmen überschritten ist, kommt eine Haftung in Betracht. Allerdings ist nicht jede Abweichung in den Kostenermittlungen mit einer Haftung verbunden. Die Toleranzgrenzen, die dem Architekten zuzubilligen sind, können nicht mit einem starren Prozentsatz beurteilt werden. Es ist im Einzelfall maßgeblich, um welche Kostenermittlungen es sich handelte. Mit der Zunahme des Genauigkeitsgrades verringert sich die Toleranz (OLG Hamm, Beschluss vom 17.09.2020 – 17 U 75/19 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 04.08.2021 – VII ZR 166/20).
Rechtliche Stellung einer Vergabestellen nicht bei Vermittlungszentrale
Der öffentliche Auftraggeber verpflichtet einen privaten Dienstleister mit der Ausschreibung eines Rahmenvertrages. Danach soll eine Vermittlungszentrale für hoheitliche veranlasste Abschleppdienste betrieben werden. Dies verstößt gegen § 97 Abs. 1 GWB, wenn der private Dienstleister eine Vermittlungsregister für Abschleppunternehmen führen soll und wenn er insoweit Auswahlentscheidungen treffen muss und darf, die dem öffentlichen Auftraggeber unmittelbar obliegen. Dies gilt auch in dem Falle, dass der Dienstleister die Vermittlungszentrale bei der Beauftragung strikt nach einem vorher festgelegten Verfahren bestimmen soll (OLG Frankfurt, Beschluss vom 17.02.2022 – 11 Verg 8/21).
Durch Landesrecht keine Vergabesperre für EU–Vergaben
Im Unterschwellenbereich kann ein Bieter, solange der Zuschlag nicht erteilt ist, durch einstweilige Verfügung gegen eine von ihm angenommene Benachteiligung vorgehen. Dies gilt auch dann, wenn gegen das Unternehmen ein genereller Ausschluss von Vergabeverfahren verfügt worden ist und dies in einem entsprechenden Register eingetragen ist. Ein auf Landesgesetz gestützter Ausschluss von Vergabeverfahren ist rechtswidrig, wenn das Unternehmen dadurch auch von Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich ausgeschlossen wird (Landgericht Saarbrücken, Urteil vom 07.01.2021 – 4 O 408/20).