Newsletter Bau- und Vergaberecht 15/2022
06.05.2022 | Bau- und Vergaberecht
Kein Honorar für Planung einer Konstruktion nach Wahl des Auftragnehmers
Im Leistungsverzeichnis ist eine „Unterkonstruktion nach Wahl des AN“ ausgeschrieben. Die Beschreibung ist funktional, so dass der Auftragnehmer auch die Planung dafür als Vertragsleistung zu erbringen hat. Bei der Übernahme einer solchen funktionalen Leistungsverpflichtung ist es unerheblich, ob der Auftragnehmer den Umfang der übernommenen Verpflichtung genau kennt oder ermitteln kann. Der Auftragnehmer trägt das Risiko einer unauskömmlichen Kalkulation (OLG Hamburg, Urteil vom 03.02.2021 – 8 U 33/20 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 08.12.2021 – VII ZR 140/21).
Kein Anspruch auf zusätzlichen Werklohn bei Verzug des Vorunternehmers
Der Bauherr ist zur Mitwirkung dahingehend verpflichtet, dass er die Vertragsleistung abrufen muss. Es handelt sich um eine echte Nebenpflicht. Wenn der Bauherr die Verzögerung des Abrufs zu vertreten hat, kann der Auftragnehmer Schadensersatzansprüche geltend machen.
Da der Vorunternehmer aber kein Erfüllungsgehilfe des Bauherrn im Verhältnis zum Nachfolgeunternehmer ist, muss sich der Bauherr eine schuldhafte Leistungsverzögerung des Vorunternehmers nicht zurechnen lassen. Daneben besteht ein Entschädigungsanspruch nach § 642 BGB. Dieser beinhaltet aber keine Mehrkosten wie gestiegene Lohn– und Materialkosten, die durch den Verzug angefallen sind. (OLG Hamburg, Urteil vom 27.11.2020 – 8 U 7/20 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 27.10.2021 – VII ZR 11/21).
Verlangen nach Mindestsatz nicht treuwidrig
Die Parteien haben auf der Grundlage der HOAI 2013 ein Pauschalhonorar vereinbart, das unter den Mindestsätzen liegt. Nach der Kündigung des Architektenvertrages klagt der Architekt die Mindestsätze ein. Dies ist nur dann treuwidrig, wenn der Auftraggeber auf die Wirksamkeit der Honorarvereinbarung vertraut hat und vertrauen durfte und sich darauf eingerichtet hat (OLG Hamburg, Urteil vom 22.04.2022 – 8 U 78/19).
Aufklärung eines Unterkostenangebots unterhalb der Aufgreifschwelle zulässig
Die Vergabestelle darf auf ein Angebot mit unangemessen hohen oder niedrigen Preisen oder Kosten keinen Zuschlag erteilen. Vor Ausschluss des Angebots ist dies aufzuklären, wenn der Angebotspreis unangemessen niedrig erscheint und dies anhand der Angebotsunterlagen über die Preisermittlung nicht zu beurteilen ist. Die Vergabestelle ist zur Preisprüfung berechtigt und nicht verpflichtet, wenn das Angebot des Bieters einen Abstand von mehr als 10 % zum nächsthöheren Angebot aufweist (VK Berlin, Beschluss vom 25.03.2022 – VKB 2 – 53/21).
Beurteilungszeitpunkt für die Zuziehung eines Rechtsanwalts vom Einzelfall abhängig
Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten eines Rechtsanwalts sind erstattungsfähig, wenn die Hinzuziehung notwendig war. Bei einer solchen Beauftragung durch die Vergabestelle kann dies nicht schematisch geprüft werden, sondern anhand einer differenzierenden Betrachtung des Einzelfalls. Wegen des Zeitpunkts ist auf die die Aufwendung verursachende Handlung abzustellen. Wenn sich die Hinzuziehung aufgrund nachträglicher, sich aus dem gegnerischen Vorbringen ergebenden Erschwernisse erst zu einem späteren Zeitpunkt als notwendig herausstellt, kann die Hinzuziehung ab diesem Zeitpunkt für notwendig erklärt werden, auch wenn die Beauftragung des Rechtsanwalts bereits früher erfolgt war (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.05.2021 – Verg 7/21).