Newsletter Bau- und Vergaberecht 17/2022
23.05.2022 | Bau- und Vergaberecht
Einbeziehung der VOB/B erforderlich
Wenn die Parteien eines Bauvertrages die VOB/B einbeziehen wollen, muss dies ausdrücklich vertraglich vereinbart werden.
Unter baukundigen Vertragspartnern genügt ein ausdrücklicher Hinweis und die ausreichende Möglichkeit zur Kenntnisnahme für den anderen Teil (OLG Frankfurt, Beschluss vom 29.07.2019 – 22 U 179/18 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 05.05.2021 – VII ZR 190/19).
Schaden als Voraussetzung für Schadensersatz
Bei der Ausführung der Leistungen beschädigt der Unternehmer Eigentum des Bauherrn. Der Schaden bestimmt sich durch den Vergleich der infolge des schadensbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit der Vermögenslage vor dem Schadensereignis. Die Höhe des Schadens bestimmt sich nach der Differenzhypothese. War die beschädigte Sache bereits funktionslos und damit bereits beschädigt, mithin wertlos, ist dem Bauherrn durch das schadensbegründende Ereignis kein Schaden entstanden, auch wenn der Bauherr die Sache noch genutzt hat (OLG Hamm, Beschluss vom 27.04.2021 – 24 U 173/20 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 27.10.2021 – VII ZR 567/21).
Kostenobergrenze muss ausdrücklich vereinbart sein
Wegen der Überschreitung der Baukosten kann der Architekt schadensersatzpflichtig sein. Voraussetzung ist die Vereinbarung eines Kostenrahmens oder einer Baukostenobergrenze. Dabei kann die Vereinbarung ausdrücklich oder auch konkludent erfolgen. Der Bauherr muss die Vereinbarung darlegen und beweisen.
Lediglich die in einer Kostenkontrolle aufaddierten und dem Architekten bekannten Beträge belegen noch nicht, dass der Bauherr zum Ausdruck gebracht hat, dass es sich um eine Kostenobergrenze handelt, die nicht überschritten werden darf und dass diese für den Architekten verbindlich ist (OLG Hamburg, Urteil vom 31.05.2021 – 13 U 105/10 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen BGH, Beschluss vom 10.11.2021 – VII ZR 608/21).
Vorteilsausgleichung bei höheren Baukosten durch Wertsteigerung
Die Parteien haben eine Kostenobergrenze vereinbart. Der Architekt hält die Planungsvorgaben des Bauherrn zu den Herstellungskosten nicht ein. In diesem Fall haftet der Architekt dem Bauherrn grundsätzlich auf Schadensersatz wegen der schuldhaften Überschreitung der Bausumme. Der Schaden kann in den zusätzlichen Baukosten liegen. Allerdings kann dem Bauherrn insoweit kein Schaden entstanden sein, wenn der Mehraufwand auch zu einer Wertsteigerung des Gebäudes geführt hat (OLG Frankfurt, Urteil vom 14.11.2019 – 15 U 85/19 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 21.04.2021 – VII ZR 273/19).
Ausnahme vom Gebot der Fachlosvergabe
Grundsätzlich ist die Vergabestelle verpflichtet, eine losweise Vergabe durchzuführen. Eine Ausnahme ist dann gegeben, wenn dies aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen erforderlich ist. Dabei muss sich die Vergabestelle mit den dafür und dagegen sprechenden Gründen intensiv auseinandersetzen. Es ist eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Belange vorzunehmen. Die für eine zusammenfassende Vergabe sprechenden Gründe dürfen nicht nur anerkennenswert sein, sondern sie müssen überwiegen. Bei der Abwägung sind mit der Fachlosvergabe allgemein verbundenen Aufwendungen für die Ausschreibung, die Prüfung und die Koordinierung sowie ein höherer Aufwand bei den Gewährleistungen nicht zu berücksichtigen. Allerdings hat die Vergabestelle insoweit einen Beurteilungsspielraum (VK Bund, Beschluss vom 10.03.2022 – VK 1-19/22).
Kein Aufhebungsgrund bei falscher Verfahrensart
Die Vergabestelle wählt bei der Einleitung des Vergabeverfahrens das Verhandlungsverfahren, obwohl ein nicht – offenes – Verfahren mit Teilnahmewettbewerb durchgeführt werden sollte. Damit liegt ein vermeidbarer Fehler in der Sphäre der Vergabestelle vor, die die Vergabestelle nicht zur Aufhebung der Ausschreibung berechtigt (VK Bund, Beschluss vom 02.03.2022 – VK 1-13/22).