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Newsletter Bau- und Vergaberecht 23/2024

18.06.2024 | Bau- und Vergaberecht

Kein Anerkenntnis Auftragslos erbrachter Leistungen durch Prüfung der Schlussrechnung:

Der Architekt des Bauherrn prüft die Schlussrechnung und ermittelt einen Betrag zugunsten des Auftragnehmers. Darin ist kein Anerkenntnis Auftragslos erbrachter Leistungen durch den Auftraggeber zu erblicken. Wenn die geprüfte Schlussrechnung Kürzungen in einzelnen Positionen enthält, lässt dies nicht den Schluss darauf zu, dass die anderen Positionen ganz und die gekürzten Positionen nur in dem gekürzten Umfang anerkannt werden (OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.10.2022 – 23 U 79/221 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss und 22.11.2023 – VII ZR 213/22).

Anspruch auf Stellung der Schlussrechnung besteht:

Der Bauherr kann von dem Auftragnehmer verlangen, dass er seine vermeintlichen Forderungen abschließend beziffert (OLG Frankfurt, Urteil vom 11.01.2023 – 29 U 191/21 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 13.03.2024 – VII ZR 24/23).

Kein Leistungsverweigerungsrecht wegen Subsidiaritätsklausel:

In Architekten- und Planerverträgen findet sich häufig eine Klausel, wonach der Planer/Architekt vom Bauherrn verlangen kann, dass der Bauherr sich gemeinsam mit ihm außergerichtlich zuerst bei Dritten ernsthaft um die Durchsetzung der Mangelansprüche bemüht, bevor der Architekt in Anspruch genommen wird. Wenn der Schaden auf einen Planungsfehler zurückzuführen ist, begründet diese Regelung kein Leistungsverweigerungsrecht (OLG Köln, Urteil vom 15.12.2022 – 7 U 3/22 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 08.11.2023 – VII ZR 3/23).

Schwere berufliche Verfehlung bei Verletzung von Vertragspflichten möglich:

Ein Ausschluss aus einem Vergabeverfahren kann damit begründet werden, dass der Auftragnehmer durch die Verletzung vertraglicher Verpflichtungen schwere berufliche Verfehlungen begangen hatte, § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB. Die Verfehlungen müssen eine solche Intensität und Schwere aufweisen, dass der öffentliche Auftraggeber an der Integrität des Unternehmens berechtigterweise zweifeln darf. Ob diese Voraussetzungen im Zeitpunkt des Ausschlusses vorlagen, ist durch die Nachprüfungsinstanzen voll überprüfbar. Anders als bei der Prüfung mit prognostischem Charakter, ob die festgestellte schwere Verfehlung die Integrität des Bieters infrage stellt und eine positive Vertragserfüllung zu erwarten ist, steht dem Auftraggeber in diesen Fällen kein Beurteilungsspielraum zu. Im Rahmen der auch dem Auftraggeber zumutbaren Aufklärung unter Berücksichtigung objektiver Anhaltspunkte wie schriftlich fixierter Zeugenaussagen, sonstige Aufzeichnungen, Belege, Schriftstücke oder ähnlichem ist zu prüfen, ob von einer nachweisbar schweren Verfehlung auszugehen ist. Dabei ist es dem Auftraggeber und der Nachprüfungsinstanz regelmäßig nicht zuzumuten, zum Nachweis umfassende Beweisaufnahmen durch Zeugenvernehmungen oder die Einholung von Sachverständigengutachten durchzuführen (Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 29.05.2024 – Verg 16/23).

Ausgleichspflicht bei Wissensvorsprung eines Projektkanten:

Die Vergabestelle hat sicherzustellen, dass der Wettbewerb durch die Teilnahme eines vorbefassten Bieters nicht verfälscht wird.  Hat ein Bieter vor Einleitung des Vergabeverfahrens die Vergabestelle beraten oder unterstützt, muss die Vergabestelle sicherstellen, dass der Wettbewerb durch die Teilnahme dieses Bieters nicht verfälscht wird. Es liegt dann im pflichtgemäßen Ermessen des öffentlichen Auftraggebers geeignete Maßnahmen zur Herstellung eines fairen Wettbewerbs zu ergreifen, so dass die Vergabestelle unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles bewerten muss, ob bei der Beteiligung des Projekttanten der Grundsatz des fairen Wettbewerbs gewahrt wird (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.05.2024 – Verg 33/23).

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