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Newsletter Bau- und Vergaberecht 24/2024

18.06.2024 | Bau- und Vergaberecht

Außerhalb der VOB/B kein Mindermengenausgleich:

Der Einheitspreis bleibt bei Mengenabweichungen von über 10 % grundsätzlich unverändert, wenn es im Vertrag hierzu keine Regelungen gibt. Die zu erwartenden Mengen können aber Geschäftsgrundlage des Vertrages werden, da auf deren Grundlage der Einheitspreis kalkuliert wird. Nach den Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage kann eine Vertragsanpassung nur dann verlangt werden, wenn der Vertrag nicht oder nicht mit dem selben Inhalt geschlossen worden wäre, wenn die davon betroffene Partei Kenntnis von den Mehrmengen oder Mindermengen gehabt hätte. Dies muss für die betroffene Partei unzumutbar seinem (OLG Frankfurt, Beschluss vom 29.04.2024 – 23 U 86/23).

Stundenverrechnungssätze als Entschädigung bei Arbeitseinstellung:

Der Auftragnehmer kann Stillstandskosten verlangen, wenn er seine Leistungen wegen Zahlungsverzugs des Bauherrn einstellt. Die Stillstandskosten entstehen dadurch, dass der Auftragnehmer seine Mitarbeiter nicht produktiv einsetzen kann. Diese Kosten sind auf der Grundlage von Stundenverrechnungssätzen abzüglich des kalkulierten Gewinns zu berechnen. Wenn der Auftragnehmer einer Entschädigung nach § 642 BGB geltend macht, ist eine bauablaufbezogene Darstellung nur erforderlich, wenn die Behinderung auf andere Weise nicht nachvollzogen werden kann (Landgericht Berlin, Urteil vom 07.09.2023 – 12 O 225/20).

Kein Mitverschulden bei planlos ausgeführter Leistung:

Die Leistung des Unternehmers ist mangelhaft, wenn die nach außen zur Anfüllseite erforderliche Sockelabdichtung eines Wärmedämmverbundsystems fehlt. Eine Mitverantwortung des Bauherrn wegen Planungsverschuldens kommt in Betracht, wenn Teilbereiche nicht geplant sind und der Mangel auf die unterlassene Planung zurückzuführen ist. Die Planungsverantwortung muss dann beim Bauherren verblieben sein und darf nicht auf den Auftragnehmer deligiert worden sein. Wird der Auftragnehmer in Kenntnis des Umstands tätig, dass der Bauherr keine oder nur eine unzureichende Planung zur Verfügung stellt, kann er sich auf kein Mitverschulden berufen (OLG Köln, Urteil vom 12.08.2021 – 7 U 144/20 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 14.02.2024 – VII ZR 831/21).

Kein Werkvertrag bei Beratung:

Planerverträge sind regelmäßig Werkverträge. Ist die Aufgabe des Planers eingeschränkt, kann dies anders zu beurteilen sein, wenn sich die Aufgabe auf eine bauleitende, überwachende und beratende Tätigkeit beschränkt und nicht die Bauausführung umfasst. Die Erstattung eines Gutachtens durch einen Sachverständigen ist als Werkvertrag zu qualifizieren, da der Sachverständige ein geistiges Werk schuldet. Ein Dienstvertrag liegt dann vor, wenn der Sachverständige über längere Zeit hinweg beratend oder überwachend tätig wird. Werkvertraglichen Charakter hat ein Auftrag über die Dokumentation des Zustandes eines Weges. Wenn bei der Auftragserteilung der überwiegende Teil der Leistungen in einer Beratung des Auftraggebers im Hinblick auf Ursachen und erforderliche Maßnahmen zur Beseitigung von Schäden liegt, ist im Schwerpunkt kein bestimmter Erfolg oder ein konkretes geistiges Werk geschuldet, sondern eine laufende beratende Tätigkeit (OLG Köln, Beschluss vom 14.02.2023 – 8 U 193/22 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 06.12.2023 – VII ZR 61/23).

Eindeutige Vorgabe der Kalkulationsgrundlagen erforderlich:

Das Transparenzgebot verbietet der Vergabestelle eine nicht hinreichend eindeutige Vorgabe für einen Stundenverrechnungssatz. Die Kalkulationsgrundlage muss eindeutig sein. Wenn dabei ein wesentlicher Umstand für die Preisermittlung unklar bleibt, stellt dies einen Verstoß dar. Wenn die Vergabestelle differenzierte Angaben in einem Preisblatt fordert, die sich einem fachkundigen Bieter nicht offensichtlich erschließen, fehlt es an der erforderlichen Eindeutigkeit (OLG Düsseldorf, Beschluss von 22.08.2022 – Verg 58/21).

Schadensersatzanspruch des Bieters bei rechtswidrigem Ausschluss:

Eine nationale Regelung oder Praxis steht EU-Recht entgegen, wenn es grundsätzlich ausgeschlossen ist, dass ein aufgrund einer rechtswidrigen Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers von einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags ausgeschlossener Bieter für den Schaden entschädigt wird, der ihm durch den Verlust der Chance entstanden ist, an dem Verfahren teilzunehmen, um den Auftrag zu erhalten (EuGH, Urteil vom 06.06.2024 – Rs. C – 547/22).

 

 

 

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