Gleich. Gelesen.

Newsletter Bau- und Vergaberecht 26/2022

21.07.2022 | Bau- und Vergaberecht

26/2022                                                                                                         18.07.2022

Kein Schadensersatz ohne bauablaufbezogene Darstellung

Ansprüche aus gestörtem Bauablauf werden bei Baumaßnahmen vielfach geltend gemacht. Das Bauunternehmen muss darlegen, wie der ursprüngliche Bauablaufplan aussah und durch welche Ereignisse es zu welcher Störung, Behinderung und Verzögerung gekommen ist, warum diese nicht von dem Unternehmer zu verantworten war und wie sich die Störung auf den weiteren zeitlichen Ablauf der Vertragsdurchführung ausgewirkt hat. Des Weiteren muss dargelegt werden, wann eine diesbezügliche Störungsanzeige an den Bauherrn ging, oder ob die Störung offensichtlich war, wie hierauf reagiert wurde und weshalb die eingetretene Störung nicht kompensierbar war. Die Darstellung muss möglichst konkret sein. Es muss eine Darstellung einer jeden einzelnen Behinderung erfolgen und eine kausale Zuordnung zu der daraus resultierenden Bauzeitverzögerung. Die damit verbundenen Schwierigkeiten rechtfertigen keine Beweislasterleichterung und keine Reduzierung der Vortragslast zugunsten des Auftragnehmers (OLG Stuttgart, Urteil vom 17.03.2020 – 10 U 310/19 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 26.01.2022 – VII ZR 51/20).

Konkludente Abnahme bei Verwertung

Eine schlüssige Abnahme liegt vor, wenn das geschuldete Werk übergeben wird und der Besteller das Werk für sich und seine Zwecke vorbehaltlos verwertet (OLG Rostock, Urteil vom 02.07.2021 – 7 U 75/21 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen BGH, Beschluss vom 12.01.2022 – VII ZR 815/21).

Haftung des Bauunternehmers für Baustofflieferanten

Nach dem funktionalen Mangelbegriff haftet der Unternehmer für die vereinbarte Beschaffenheit und auch dafür, dass ein nach dem Vertragsumständen zweckentsprechendes und funktionstaugliches Werk zu erbringen ist. Dabei haftet der Unternehmer verschuldensunabhängig für Mängel der gelieferten Baustoffe im Rahmen seiner vertraglichen Herstellungspflicht, wenn diese dazu führen, dass das Bauwerk nicht den genannten Anforderungen genügt. Das Bauunternehmen kann sich im Hinblick auf solche Fehler nicht dadurch enthaften, dass dem Baustofflieferanten bei der Herstellung ein Fehler unterlaufen sei (OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.09.2021 – 5 U 177/20).

Zwischen Privaten gelten die Mindestsätze nach HOAI 2013

Der Bundesgerichtshof hat abschließend entschieden, dass die Mindestsätze der HOAI im Verhältnis zwischen Privatpersonen grundsätzlich verbindlich sind und daher das verbindliche Mindestsatzrecht im Rahmen eines Rechtsstreits angewendet werden muss (BGH, Urteil vom 02.06.2022 – VII ZR 299/19).

Kein Verhandlungsverfahren mit nur einem Bieter

Im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens ohne erfolgte Veröffentlichung kann sich die Vergabestelle an einen einzigen Wirtschaftsteilnehmer wenden, wenn die Auftragsbedingungen in einem zuvor eingeleiteten Verfahren genannt waren, das jedoch eingestellt worden ist, weil das einzig abgegebene Angebot ungeeignet war (EuGH, Urteil vom 16.06.2022 – Rs. C – 376/21).

Bieter müssen Lösungsansätze bieten

Der öffentliche Auftraggeber, der ein Verhandlungsverfahren durchführt, hat keinen konkreten Leistungsgegenstand vorgegeben. Die Angebote der Bieter und die Lösungsansätze für die Umsetzung der Vorstellungen der Vergabestelle basieren auf den Planungsideen der Bieter. Konkrete Vorgaben können nicht gemacht werden, weil die Vergabestelle ansonsten einem Bieter einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Die Vergabestelle kann die Angebote der Bieter nicht ändern und nach den eigenen Vorstellungen umschreiben (VK Westfalen, Beschluss vom 15.06.2022 – VK 1 – 10/22).

 

Ansprechpartner