Gleich. Gelesen.

Newsletter Bau- und Vergaberecht 34/2024

01.10.2024 | Bau- und Vergaberecht

Mangelhafte Vorunternehmerleistungen begründet kein Mitverschulden des Bauherrn:

Ein Überwachungsverschulden der vom Bauherrn eingesetzten Bauleitung muss sich der Bauherr nicht anspruchsmindernd als Mitverschulden zurechnen lassen, da der Bauherr dem Unternehmer keine Bauaufsicht schuldet. Ebenso wenig zuzurechnen ist dem Bauherrn ein Mitverschulden im Falle einer mangelhaften Leistung eines Vorunternehmers, da der Vorunternehmer kein Erfüllungsgehilfe des Bauherrn ist (OLG Hamm, Urteil vom 10.7.2024 – 12 U80/22).

Keine Mangelbeseitigung ohne Bauhandwerkersicherheit:

Der Unternehmer ist berechtigt, die Mangelbeseitigung zu verweigern, wenn der Bauherr keine Bauhandwerkersicherheit stellt, obwohl der Unternehmer eine solche verlangt hat und nur noch Mangelbeseitigungsarbeiten durchzuführen sind. Soweit die Leistungen mangelfrei erbracht wurden, besteht nach Beendigung des Nacherfüllungsstadiums ein Vergütungsanspruch des Unternehmers. Der Anspruch reduziert sich um den Minderwert aufgrund der Mängel (OLG Schleswig, Urteil vom 24.07.2024 – 12 U 75/23).

Eine Vereinbarung der Baukostenobergrenze ist erforderlich:

Der Bauherr hat bereits eine als Bauvoranfrage eingereichte Planung eines anderen Architekturbüros erstellen lassen. Dadurch waren dem Bauherrn die finanzielle Dimensionen des Vorhabens bekannt. Der Architekt ist dann nicht gehalten, in der neuerlichen Grundlagenermittlung Kostenvorstellungen zu erfragen oder in der Vor– und Entwurfsplanung Kostenkontrollen durchzuführen. Gegenüber dem Architekten kann der Bauherr nur dann Rechte wegen einer Kostenüberschreitung geltend machen, wenn eine Baukostenobergrenze tatsächlich vereinbart wurde (OLG München, Beschluss vom 23.05.2022 – 20 U 6700/21 Bau – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 10.04.2024 – VII ZR 116/22).

Abrechnung des frei gekündigten Planervertrages:

Nach einer freien Kündigung hat der Planer Anspruch auf die Vergütung der von ihm vertragsgemäß erbrachten Leistungen und im Hinblick auf die gekündigten Leistungen auf volle Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen. Den Auftraggeber trifft die Darlegungs– und Beweislast für die Vergütung der nicht erbrachten Leistungen. Der Planer hat die erste Darlegungslast hinsichtlich der Ersparnisse und des anderweitigen Erwerbs, da der Bauherr die innerbetrieblichen Vorgänge bei dem Planer nicht kennt. Genügt der Planer der ersten Darlegungslast nicht, führt dies zur endgültigen Klageabweisung. Der voraussichtliche Projektablauf ist durch den Planer darzulegen, wenn er das Objekt in Vollarchitektur zu betreuen gehabt hätte, sodass Angaben dazu zu machen sind, wie lange das Büro mit welchen Leistungen mit dem Projekt befasst gewesen wären. Zur Ersparnis und zum anderweitigen Erwerb ist vorzutragen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.06.2023 – 21 U 191/22 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 15.05.2024 – VII ZR 134/23).

Harte Dokumentation bei weichen Zuschlagskriterien:

Anhand der Dokumentation der Wertungsentscheidung muss die Nachprüfungsinstanz nachvollziehen können, ob die Einhaltung der Bewertungsgrundsätze erfolgt ist. Sie muss kontrollieren können, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten und von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen wurde. Nachprüfbar muss sein, dass keine sachwidrigen Erwägungen in die Entscheidung eingeflossen sind und die allgemeingültigen Bewertungsmaßstäbe beachtet wurden. Bei einem aus Preis und qualitativen Aspekten zusammengesetzten Kriterienkatalog, bei dem die Angebote hinsichtlich der Qualitätskriterien mittels eines Benotungssystems bewertet werden und die Bewertungsmethode des Preises nur enge Kompensationsmöglichkeiten für qualitative Abzüge zulässt, muss der Auftraggeber die für die Zuschlagserteilung maßgeblichen Erwägungen in allen Schritten eingehend dokumentieren, sodass nachvollziehbar ist, welche konkreten qualitativen Eigenschaften der Angebote mit welchem Gewicht in die Benotung eingegangen sind (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.03.2023 – Verg 424/22).

Keine eigene Ermessensentscheidung bei bloßen Abschreiben:

Ein Ausschluss nach § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB erfordert kumulativ eine erhebliche oder fortdauernde mangelhafte Erfüllung einer wesentlichen Anforderung bei der Ausführung eines früheren öffentlichen Auftrags, die zu einer vorzeitigen Beendigung, zu Schadensersatz oder zu einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt hatte. Es ist durch den Auftraggeber eine Prognoseentscheidung dahingehend zu treffen und zu dokumentieren, ob von dem fraglichen Bieter unter Berücksichtigung der festgestellten früheren schlechten Leistung im Hinblick auf die Zukunft zu erwarten ist, dass er den zu vergebenden Auftrag nicht gesetzestreu, ordnungsgemäß und sorgfältig ausführen wird. Auch wenn sich die Vergabestelle durch einen Rechtsanwalt vertreten lässt, ist eine eigene Entscheidung der Vergabestelle, die über ein bloßes Abschreiben hinausgeht und entsprechend zu dokumentieren ist, erforderlich (VK Berlin, Beschluss vom 19.07.2024 – VK B1 – 19/23).

 

Ansprechpartner