Newsletter Bau- und Vergaberecht 40/2021
23.11.2021 | Bau- und Vergaberecht
Entsorgung kontaminierten Erdreichs mit Müll als geänderte Leistung
Gegenstand des Vertrages ist die Abtragung von Gelände mit Boden und Fels und dessen Verwertung. Wird kontaminiertes Erdreich vorgefunden und muss dieses entsorgt werden, stellt dies keine zusätzliche Leistung dar, sondern eine geänderte Leistung nach § 2 Abs. 5 VOB/B, sodass der Mehrvergütungsanspruch nicht angekündigt werden muss (OLG Hamm, Urteil vom 27.03.2019 – 12 U 66/17 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen; BGH, Beschluss vom 08.04.2021 – VII ZR 78/19).
Rechtsanwalt zur Abnahme befugt
Der Bauherr hat einen Rechtsanwalt mit einer Mahnung beauftragt. In diesem Schreiben heißt es, dass die vom Auftragnehmer ausgeführten Leistungen „vollständig und fachgerecht durchgeführt“ wurden. Zugleich wird die Bereitschaft zur Zahlung erklärt, ohne dass dies von Mängelansprüchen abhängig gemacht wird. Darin ist eine Abnahme und Billigung der Leistung als vertragsgerecht anzusehen (OLG München, Urteil vom 14.12.2020 – 3 U 3130/20 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen; BGH, Beschluss vom 05.05.2021 – VII ZR 60/21).
Klausel mit der Einschränkung der Ablösung des Bareinbehalts durch Bürgschaft wirksam
Die Vertragsbedingungen sehen vor, dass der Sicherheitseinbehalt nur durch Stellung einer selbstschuldnerischen, unbefristeten Bürgschaft abgelöst werden kann. Damit wird eine Ablösung durch Hinterlegung von Geld nach § 17 Nr. 5 VOB/B ausgeschlossen. Dies soll nicht als unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB anzusehen sein (OLG Stuttgart, Urteil vom 24.03.2020 – 10 U 448/19).
Abrechnungspflicht nach Kündigung
Der Architekt wird auf Rückzahlung von Abschlagszahlungen/Überzahlungen verklagt. Eine Schlussrechnung hat der Architekt nicht vorgelegt. Daher kommt es auf die Frage, ob eine Kündigung aus wichtigem Grund oder eine freie Kündigung erfolgt ist nicht an. Gleichgültig ob es sich um eine Kündigung aus wichtigem Grund oder um eine freie Kündigung handelt, muss der Architekt Rechnung legen, um darzulegen und zu beweisen, dass er die Zahlungen behalten kann (OLG Celle, Urteil vom 06.10.2021 – 14 U 153/20).
Keine besondere Dringlichkeit bei Vergaben von Großbauvorhaben
Die Zulässigkeit eines vorzeitigen Zuschlags lässt sich in der Anfangsphase einer Großbaumaßnahme nicht auf finanzielle Einbußen stützen, die im Falle einer hinausgeschobenen Fertigstellung in einigen Jahren zu erwarten wären, wenn die Möglichkeit zwischenzeitlicher Kompensationen von Verzögerungen nicht ausgeschlossen ist. Für eine verfrühte Beauftragung kann auch nicht ein bereits vorangegangenes Vergabeverfahren angeführt werden. Sonst würden die Verzögerungen, die durch ein Nachprüfungsverfahren bei einer ersten Teilausschreibung verursacht wurden, den vorzeitigen Zuschlag bei allen noch ausstehenden Vergaben weiterer Leistungen ermöglichen, sodass die §§ 155 ff. GWB für das restliche Projekt leer liefen (OLG Rostock, Beschluss vom 16.09.2021 – 17 Verg 7/21).
Kein ausschreibungspflichtiger Planungsauftrag unter EU-Schwellenwert
Ein privater Auftraggeber vergibt Planungsleistungen. Von staatlicher Seite erhält er Zuwendungen für das Bauvorhaben. Der oberschwellige Planungsauftrag muss in diesem Fall öffentlich ausgeschrieben werden, wenn der mit dem Planungsauftrag funktional verbundene Bauauftrag den Schwellenwert für Bauaufträge erreicht bzw. überschreitet und zu mehr als 50 % von einem öffentlichen Auftraggeber subventioniert wird (VK Hamburg, Beschluss vom 27.09.2021 – 60.29 – 319/2021.009).