Newsletter Bau- und Vergaberecht 41/2019
09.12.2019 | Bau- und Vergaberecht
Auf erkennbar fehlerhaftes Leistungsverzeichnis muss Bieter hinweisen
Grundsätzlich besteht keine Pflicht eines Bieters, auf Fehler im Leistungsverzeichnis hinzuweisen. Allerdings ist jeder Bieter zu einem korrekten Verhalten bei Vertragsverhandlungen verpflichtet. Sind offensichtliche Fehler vorhanden, muss der Bieter dies prüfen und darauf hinweisen. Ein erkennbar lückenhaftes oder fehlerhaftes Leistungsverzeichnis darf der Bieter trotz der Ausschreibungspflicht der Vergabestelle nicht einfach hinnehmen. Zweifelsfragen muss er vor Angebotsabgabe klären. Unterlässt der Auftragnehmer diesen Hinweis und gibt er ein Angebot ins Blaue hinein ab, so ist dieses Verhalten spekulativ. In diesem Falle kann der Bieter keine Zusatzforderungen stellen, da er wegen eines enttäuschten Vertrauens durch sein Fehlverhalten nicht geschützt ist (OLG Celle, Urteil vom 20.11.2019 – 14 U 191/13).
Auftrag zur Mängelbeseitigung muss kein Verzicht auf Mängelansprüche darstellen
Wenn ein Bauherr einen vergütungspflichtigen Auftrag zur Durchführung von Mängelbeseitigungsarbeiten erteilt, kann er seine Mängelansprüche verlieren. Dies ist im Einzelfall zu prüfen. Ein Verzicht auf Mängelansprüche erfordert einen Erlassvertrag, der konkludent geschlossen werden kann. Es muss der klare Wille hervortreten, auf den Anspruch zu verzichten. An eine solche Willensbekundung sind strenge Anforderungen zu stellen. Grundsätzlich kann ein Erlass nicht vermutet werden und ist eng auszulegen (OLG München, Beschluss vom 13.06.2017 – 28 U4666/16 Bau – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 18.09.2019 – VII ZR 143/17).
Keine Besitzübergabe im einstweiligen Rechtsschutz
Der Käufer von Wohnungseigentum nimmt den Bauträgern per einstweilige Verfügung auf Besitzübertragung in Anspruch. Dies stellt eine Vorwegnahme der Hauptsache dar und ist unzulässig (Landgericht München I, Urteil vom 26.06.2019 – 24 O 6425/19).
Keine fehlende Schriftform bei Hinauszögern der Vertragsunterzeichnung
Der Bauherr beruft sich gegenüber der Honorarforderung des Architekten darauf, dass der Vertrag nicht bei Auftragserteilung geschlossen wurde. Zugleich hat der Bauherr den Architekten zur Fortsetzung der Planungsarbeiten unter Androhung haftungsrechtlicher Konsequenzen angehalten und die Unterzeichnung des Vertrages hinausgezögert. Dies ist unzulässig (OLG Dresden, Urteil vom 16.05.2017 – 10 U 818/15 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 18.09.2019 – VII ZR 127/17).
Baukostenüberschreitung setzt entsprechende Vereinbarung voraus
Der Architekt muss die Baukosten einhalten und im Zuge seiner Planung richtig ermitteln. Er muss unvertretbar hohe Kostenüberschreitungen vermeiden. Dazu ist es erforderlich, dass der Architekt die realistischen Kosten ermittelt. Es muss geplant werden, welche konkreten Leistungen von der Bausumme erfasst sind. Das Leistungssoll muss genau bestimmt werden. Die Vereinbarung eines Kostenrahmens oder einer Bausummenobergrenze muss ausdrücklich vereinbart sein. Sind die Baukosten nicht im Vertrag vereinbart, spricht die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit des Vertrages gegen eine Vereinbarung einer solchen Kostengrenze (OLG Celle, Urteil vom 05.12.2016 – 5 U 97/15 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 10.07.2019 – VII ZR 14/17).
Fehlerkorrektur in Vergabeunterlagen auch nach Submission
Die Vergabestelle stellt erhebliche Fehler in den Vergabeunterlagen fest. Auch nach einer bereits erfolgten Submission ist eine Fehlerkorrektur möglich. Dies kann durch eine Teilaufhebung erfolgen. Es genügt, wenn die Vergabestelle dafür einen sachlichen Grund hat und die Diskriminierung einzelner Bieter ausgeschlossen ist. Die Entscheidung darf nicht willkürlich sein oder zum Schein erfolgen. Die Vergabestelle kann entscheiden, wie und in welchem Umfang der erkannte Fehler behoben wird. Insoweit hat die Vergabestelle eine Gestaltungsfreiheit, die durch die Gebote der Transparenz, Nichtdiskriminierung und Gleichbehandlung beschränkt ist (VK Lüneburg, Beschluss vom 10.07.2019 – VgK – 22/2019).
Rügefrist von 10 Kalendertagen bei Vorabinformation
- 135 Abs. 2 GWB stellt keine Sonderregelung dar, die §160 Abs. 3 GWB verdrängt. Die Fristen nach diesen Regelungen sind im Falle einer unvollständigen Vorabinformation nebeneinander anwendbar (VK Rheinland – Pfalz, Beschluss vom 13.06.2019 – VK1 – 4/19).