Newsletter Bau- und Vergaberecht 42/2024
04.12.2024 | Bau- und Vergaberecht
Bauherr muss Ausführungsplanung bei VOB/B Vertrag übergeben:
Wenn der Bauunternehmer wegen einer Bauzeitverlängerung einen Schadensersatz nach § 6 Abs. 6 VOB/B geltend macht, muss die Bauablaufstörung adäquat-kausal durch solche hindernden Umstände verursacht worden sein, die auf einer Verletzung der Vertragspflichten des Bauherrn beruhen. Nach der jeweiligen vertraglichen Gestaltung ist zu beurteilen, ob und welche Mitwirkungshandlungen der Bauherr schuldet. Die erforderlichen Mitwirkungshandlungen bei der Erfüllung eines Bauvertrages sind regelmäßig als Obliegenheiten des Bauherrn zu behandeln, sofern sich aus dem Gesetz oder dem Vertrag nicht etwas anderes ergibt. Die Obliegenheit des Bauherrn, im Rahmen der Mitwirkungshandlungen dem Unternehmer zuverlässige Pläne und Unterlagen zur Verfügung zu stellen, kann durch die vertragliche Vereinbarung zu seiner Leistungspflicht erhoben werden. Wegen § 3 Abs. 1 VOB/B ergibt sich die Pflicht des Auftraggebers die für die Ausführung notwendigen Unterlagen dem Auftragnehmer rechtzeitig zu übergeben (BGH, Urteil vom 19.09.2024 – VII ZR 10/24).
Baumangel bei Verstoß gegen Bauordnungsrecht:
Wenn Bauleistungen des Auftragnehmers bauordnungsrechtliche Vorschriften nicht einhalten, ist die Leistung mangelhaft. Dies gilt für einen erforderlichen Verwendungsnachweis für tragende Holzbauteile. Auch wenn eine bestandskräftige Baugenehmigung vorliegt, entlastet dies den Auftragnehmer nicht, da die Anforderungen an die Prüfung- und Hinweispflichten dadurch nicht völlig aufgehoben sind (OLG Brandenburg, Urteil vom 07.11.2024 – 12 U 162/23).
Kein Anspruch auf Schlussrechnung bei Insolvenz:
Der Auftragnehmer ist nebenvertraglich verpflichtet, seine Leistungen schlusszurechnen. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Unternehmers richten sich die Pflichten nach den Vorschriften des Insolvenzverfahrens. Dann genügt es, wenn der Bauherr seine Forderung auf Rückzahlung einer etwaigen Überzahlung im Wege der Schätzung zur Tabelle anmeldet (BGH, Urteil vom 07.11.2024 – IX ZR 179/23).
Ein Angebot ist ausschreibungskonform bei Erfüllung der Richtqualität:
Die Vergabestelle gibt unzulässigerweise ein Leitfabrikat vor. Das angebotene Fabrikat genügt den Gleichwertigkeitsanforderungen. In diesem Falle liegt keine Abweichung von den Vergabeunterlagen vor und das Angebot kann nicht ausgeschlossen werden (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 22.08.2024 – 15 Verg 8/24).
Ausnahmefall Gesamtvergabe:
Eine Gesamtvergabe kommt nur ausnahmsweise in Betracht. Insbesondere nicht, wenn eine Fachlosbildung für fahrbare Rückhaltesysteme, Verkehrssicherung und weiße Markierung möglich ist. Für jedes dieser Gewerke besteht ein eigener Markt. Die losweise Vergabe ist der gesetzliche Regelfall und grundsätzlich vorrangig. Will die Vergabestelle davon abweichen, weil es dafür wirtschaftliche oder technische Gründe gibt, muss sie sich mit dem Gebot der Verhandlungsvergabe und den dagegensprechenden Gründen intensiv auseinandersetzen, so dass eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Belange erfolgt. Erst das Ergebnis darf für eine zusammenfassende Vergabe sprechen, die nicht nur anerkennenswert sind, sondern überwiegen müssen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.08.2024 – Verg. 6/24).