Newsletter Bau- und Vergaberecht 43/2021
09.12.2021 | Bau- und Vergaberecht
Festsetzungsverjährung hindert Anspruch auf Zahlung der Umsatzsteuern nicht
Der Bundesfinanzhof hat mit seinem Urteil vom 22.08.2013 eine ergänzende Vertragsauslegung im Verhältnis des leistenden Bauunternehmers zum Bauträger veranlasst, wonach dem Bauunternehmer ein Anspruch auf Zahlung des Umsatzsteuerbetrages zusteht, wenn der Bauträger die Erstattung der Steuer verlangt. Bei diesem Anspruch bleibt es auch dann, wenn das Finanzamt unter fehlerhafter Beurteilung der Rechtslage zur Festsetzungsverjährung den Bauunternehmer als Steuerschuldner heranzieht (BGH, Urteil von 14.10.2021- VII ZR 242/20).
Bauherr muss sich Fehler im Baugrundgutachten zurechnen lassen
Im Baugrundgutachten und im Leistungsverzeichnis finden sich keine Angaben zu Bodenbelastungen. Der Auftragnehmer hat nur unbelasteten Aushub abzufahren und zu entsorgen. Für diese Leistung gelten die vereinbarten Preise. Unklarheiten im Baugrundgutachten führen nicht dazu, dass der Auftragnehmer Risiken im Baugrund übernimmt. Hierfür genügen insbesondere keine Erkundigungsobliegenheiten im Bauvertrag (OLG Frankfurt, Urteil vom 21.09.2020 – 29 U 171/19).
Direkthaftung der Versicherung bei Insolvenz bis drei Jahre nach Abweisungsentscheidung
Ein Architekt gerät in Vermögensverfall. Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird mangels Masse abgewiesen. Der Bauherr hat in diesem Falle einen Direktanspruch gegen die Versicherung nach § 115 Abs.1 Nr. 2 VVG. Der Abweisungsantrag wirkt im Falle einer natürlichen Person nur befristet. Wenn die Abweisungsentscheidung länger als drei Jahre zurückliegt, kommt ihr keiner rechtlichen Wirkung mehr zu (OLG Köln, Urteil vom 11.05.2021 – 9 U 154/20).
Niedersachsen: PartGmbB nur für beratene Ingenieure
In Niedersachen ist die Bildung einer Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung nicht möglich, wenn nicht alle Partner beratende Ingenieure sind. Dies gilt dann auch, wenn alle Partner Architekten sind (OLG Celle, Beschluss vom 11.01.2021 – 9 W 4/21).
Vergabeunterlagen unklar – keine generelle Rügepflicht
Wenn sich in den Vergabeunterlagen Unklarheiten befinden, ergibt sich keine Rügeobliegenheit der Bieter aus § 160 Abs. 3 Nr. 2, 3 BGB. Es müssen gesteigerte Voraussetzungen vorliegen (OLG Celle, Beschluss vom 12.10.2021 – 13 Verg 7/21).
Keine Rüge aus Taktik
Ein konkretes Bieterverhalten kann eine Rüge darstellen, muss es aber nicht. Dies muss die Vergabenachprüfungsinstanz objektiv beurteilen. Darüber können nicht die am Verfahren Beteiligten befinden. Andernfalls kann ein Bieter mit dem Argument, nur Fragen gestellt oder seinen Unmut geäußert zu haben, mit einer echten Rüge solange warten, bis er den Zuschlag erhält oder nicht. Ein solches Taktieren ist gesetzgeberisch nicht gewollt. Die Rüge soll der Vergabestelle frühzeitig Gelegenheit geben, ein vergaberechtswidriges Verhalten zu erkennen und dieses zu beseitigen oder mit einem fristauslösenden Nichtbehelfsschreiben zu reagieren, um das Vergabeverfahren schnell und kostengünstig zum Abschluss zu bringen (VK Sachsen, Beschluss vom 07.07.2021 – 1/SVK/0s7 – 21).