Newsletter Bau- und Vergaberecht 9/2025
19.03.2025 | Bau- und Vergaberecht
Hinweispflichten des Unternehmers:
Wenn ein Unternehmer seine Arbeit in engem Zusammenhang mit den Vorarbeiten eines anderen Unternehmers oder auf der Grundlage der Planungen eines anderen Unternehmers auszuführen hat, muss der Unternehmer prüfen und auch geeignete Erkundigungen anstellen, ob die Vorarbeiten eine geeignete Grundlage für seine Tätigkeit bieten und keine Eigenschaften besitzen, die den Erfolg seiner Arbeit infrage stellen. Dazu muss der Unternehmer den Besteller ausreichend unterrichten, wenn eine abweichende Ausführung nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik oder den Herstellervorgaben entspricht. Der Umfang dieser Verpflichtung und ihre Grenzen ergeben sich aus dem Grundsatz der Zumutbarkeit und des Einzelfalls (Kammergericht, Urteil vom 15.04.2024 – 7 U 152/21).
Erheblichkeit eines Mangels ≥ 5 %:
Für die Erheblichkeit eines Mangels kommt es auf die Kosten der Mangelbeseitigung an, die der vereinbarten Gegenleistung gegenüberzustellen sind. Dabei bedarf es einer umfassenden Interessensabwägung. Der Aufwand für die Mangelbeseitigung ist zu berücksichtigen und bei einem nicht behebbaren Mangel die von ihm ausgehende funktionale und ästhetische Beeinträchtigung, dabei auch auf die Schwere des Verschuldens des Auftragnehmers. Wenn die Kosten der Mangelbeseitigung wenigstens 5 % des vereinbarten Werklohns ausmachen, ist der Mangel als schwerwiegend einzustufen. Schon alleine optische Beeinträchtigungen können eine Erheblichkeit begründen (OLG Celle, Urteil vom 28.02.2025 – 14 U 173/24).
Allgemein anerkannte Regeln der Technik der Planung mit geschuldetet:
Ohne eine abweichende Vereinbarung schuldet der Planer die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik (OLG Stuttgart, Urteil vom 17.12.2024 – 10 U 23/24).
Keine vergaberechtliche Beratung des Planers:
Die Aufgabe eines Planers ist es ausschließlich, ein vergaberechtskonformes Leistungsverzeichnis herzustellen. Der Planer schuldete keine umfassende vergaberechtliche Beratung, insbesondere nicht für sämtliche Entscheidungen im Vergabeverfahren (Kammergericht, Urteil vom 30.01.2024 – 9 U 110/21).
Keine Verpflichtung der Vergabestelle zum Vertragsabschluss:
Einem öffentlichen Auftraggeber wird im Rahmen eine rechtskräftigen Entscheidung der Vergabekammer aufgegeben, die Leistungen bei fortbestehender Beschaffungsabsicht unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer in einem vergaberechtskonformen Verfahren auszuschreiben.
Wenn der öffentliche Auftraggeber nicht zeitnah die entsprechende Ausschreibung beginnt, kann die Entscheidung nicht mit einem Zwangsgeld vollstreckt werden, denn aufgrund der Vertragsfreiheit kann und darf der öffentliche Auftraggeber grundsätzlich nicht dazu gezwungen werden, einen Auftrag an einen Geeigneten dazu erteilen (OLG Jena, Beschluss vom 08.01.2025 – Verg 8/24).
Zulässigkeit eines Nachprüfungsverfahrens bei Insolvenz im Einzelfall zu prüfen:
Während eines laufenden Vergabenachprüfungsverfahrens kann die Antragsbefugnis entfallen, wenn der Antragsteller das Interesse am ausgeschriebenen Auftrag verliert. Bei einem ursprünglich antragsbefugten Bieter, der in Insolvenz gerät, ist zu prüfen, ob der Insolvenzverwalter infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Partei kraft Amtes an die Stelle des Bieters tritt und antragsbefugt bleibt. Die Antragsbefugnis besteht nicht ohne weiteres fort. Der Insolvenzverwalter muss darlegen, dass trotz Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Bieters das operative Geschäft weitergeführt werden soll und weiterhin das Interesse an der Erbringung der ausgeschriebenen Leistung besteht (OLG Dresden, Beschluss vom 19.12.2024 – Verg 4/24).